Was ist ein guter Claim? Und warum brauche ich das?
München, den 1. Juli 2019
Überarbeitet und neu veröffentlicht am 21.10.2021
Autor: Andreas Wiehrdt
Titelfoto: Adobe Stock
Wenn ich zusammen mit meinen Auftraggebern Marken entwickele oder «schärfe», wie meine Kunden das gerne nennen, empfehle ich ihnen meistens, die neue oder optimierte Markenidentität anschließend in einen Claim zu übersetzen, der in einem kurzen Satz sagt, wofür die Marke steht. Weil diese wichtige Arbeit aber alles andere als trivial ist und die zwingende Reduktion auf nur eine wichtige Aussage zur Marke manchmal harte und schmerzliche Entscheidungen erfordert, ist das Thema nicht wirklich beliebt. Dabei ist ein guter Claim ein mächtiges Marketingwerkzeug, dass Wiedererkennung, Positionierung und Attraktivität einer Marke signifikant steigern kann.
Hallo, ich bin der BrandDoctor und helfe Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. In diesem Blog für Markenverantwortliche und -entscheider schreibe ich regelmäßig über interessante Themen rund um Marke und Markenstrategie.
In diesem Beitrag plädiert der BrandDoctor dafür, dass alle Marken einen Claim nutzen sollten und gibt ein paar hilfreiche Tipps, wie man einen guten Claim entwickelt.
Was genau ist ein Claim (und was nicht)
Was einen Claim von einem Slogan und einer Tagline unterscheidet, habe ich in meinem Artikel »Slogan, Tagline, Claim – Was ist der Unterschied? Und warum muss ich das wissen?« versucht, zu erklären. Aber das ist nur was für Menschen wie mich, die Dinge manchmal gerne genau nehmen. Um es hier nicht unnötig zu verkomplizieren werde ich in diesem Beitrag nur vom »Claim« schreiben und meine dabei auch »Tagline« und »Slogan«. Machen ja viele Marketingprofis auch.
Wikipedia schreibt: »Ein Claim [...] kann die Positionierung eines Leistungsangebotes oder einer Marke, ein zentrales Versprechen oder einen Produktnutzen, eine Mission, eine Vision oder das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens oder der Marke kommunizieren.«
Ein ganz wichtiges Merkmal eines Claims ist, dass er kurz, prägnant und bestenfalls eingängig formuliert ist. Schließlich soll er ja eine zentrale Aussage einer Marke, eines Angebots oder einer Kampagne in einem (bestenfalls kurzen) Satz merkfähig zusammenfassen.
Braucht den wirklich jede Marke einen Claim?
Für mich gibt es da keine Diskussion. Jede Marke sollte einen Claim haben, der sie klar im Wettbewerbsfeld positioniert oder potenziellen Kunden ein attraktives Versprechen macht. Wer bewusst auf einen Claim verzichtet, verwehrt seiner Marke einen mächtigen Wachstumsbeschleuniger.
Weitere gute Gründe dafür, einen Claim zu nutzen sind:
Das Angebot oder den Zielmarkt einer Marke bekannt machen. Gerade bei in der Breite noch unbekannteren Marken kann es sinnvoll sein, über einen Claim (dann auch Tagline genannt) direkt am Markenlogo zu verdeutlichen, was genau unter der Marke angeboten wird. (»Carglass repariert. Carglass tauscht aus.«)
Seelenverwandte und Gleichgesinnte für einen attraktiven Purpose oder die Mission einer Marke gewinnen. Mit seinem Mission Statement als Claim »We're in business to save our home planet.« versucht der Outdoorbekleidungsriese Patagonia Gleichdenkende für seine Marke einzunehmen.
Die Bekanntheit der Marke über einen eingängigen Claim erhöhen. Spätestens, wenn es gelingt, einen Claim in den Sprachgebrauch der Kunden einzubringen (»Nichts ist unmöglich ... Toyota.« / »Haribo macht Kinder froh ...«) steigt die Bekanntheit der Marke auch ganz ohne zusätzliche Markentinginvestitionen.
Die eigene Marke positiv aus dem Feld der Mitbewerber herausheben. Über einen gut gewählten Claim lässt sich die Positionierung der Marke im Wettbewerbsumfeld schnell kommunizieren (»Wohnst du noch oder lebst du schon?«)
Die Marke über einen sympathischen Claim anziehend machen. Allein die Tonalität des Claims kann Sympathie für und Nähe zur Marke erzeugen. (»Geiz ist geil!«)
Wie formuliert man einen guten Claim?
Dazu habe ich 8 einfache Regeln für euch:
Halte ihn kurz und einfach.
Je kürzer und simpler der Slogan, desto besser und einprägsamer ist er. 10 Worte sind auf jedenfalls zu viel. «Das Auto» (VW) oder «Bitte ein Bit.» (Bitburger) sind gute und erfolgreiche Beispiele.Alliterationen und Reime lernen sich schneller.
Sieht wiederholende Anfangsbuchstaben («Geiz ist geil.» (Saturn) oder Reime («HARIBO mach Kinder froh und Erwachsene ebenso.») unterstützen die Merkfähigkeit.Mache ihn zu deinem Slogan.
Versuche den Markennamen sinnvoll in den Slogan einzubinden, damit er eindeutig eurer Marke zugeordnet werden kann. («Er kann. Sie kann. Nissan.»).Rede, wie deine Marke ist.
Der Sprachstil des Slogans sollte die Markenpersönlichkeit reflektieren: «Geiz ist geil.» (Saturn), »Du willst es
doch auch.« (Sky).Sei kreativ.
Spiele mit Worten und kombiniere ungewöhnlich, um den Slogan einzigartig und merk-würdig zu machen: «3…2…1…meins!» (Ebay), «ITS Urlaub» (ITS).Sei kundenorientiert.
Gute Slogans sprechen dem Kunden aus der Seele: «Ich bin doch nicht blöd.» (Mediamarkt), «ich liebe es.» (McDonald’s).Sei nutzenorientiert.
Gute Slogans stellen den Kundennutzen in den Mittelpunkt: «Meister Proper putzt so sauber, dass man sich drin spiegeln kann.».Setz dich ab.
In gesättigten Märkten kann ein guter Slogan helfen, sich von den Mitbewerbern zu differenzieren; «Vorsprung durch Technik.» (AUDI), «Im Fisch die Nummer 1.» (Nordsee).
Aber wie formuliert man einen guten Claim?
Dazu habe ich die 8 wichtigsten Regeln von oben in einem Chart kompakt zusammengefasst.
Was braucht es, um einen guten Claim zu schreiben?
Grundvoraussetzung, um einen guten Claim schreiben zu können, ist, dass das strategische Fundament einer Marke klar und eindeutig formuliert ist. Das Leitbild (Vision, Purpose, Mission, Werte) sowie die Positionierung und das Markenversprechen (Value Proposition) sollten verabschiedet sein, damit man an den Claim gehen kann.
Mehr darüber, was ein gutes Leitbild ausmacht und wie man es definiert in meinem Beitrag »Leitbild – Leuchtturm für alle Entscheider der Marke.«. Mehr darüber, wie man Vision und Mission formuliert, in meinem Beitrag »Vision und Mission eines Unternehmens – Was ist eigentlich der Unterschied?«. Wie ihr eure Marke erfolgreich positioniert, lest ihr meinen Beiträgen »Positioning: Wie Marken selbst in übersättigten Märkten profitabel wachsen.« und »Warum euch Positionierung automatisch zu besseren Entscheidungen leitet?«. Und wie ihr das attraktivste Nutzenversprechen für eure Marke oder euer Angebot findet und formuliert, lest ihr in meinem Beitrag »Wie formuliert ihr das einzigartige Nutzenversprechen für euer Angebot?«
Bonus: Die bekanntesten Slogans und ihre Geschichten:
Leider stammt offenbar die letzte repräsentative Studie über die Bekanntheit von Werbeslogans aus dem Jahr 2016. Nachdem gute Claims aber ohnehin eine Menge Staying Power haben, kennt ihr sicher noch die meisten des Rankings.
Leider stammt offenbar die letzte repräsentative Studie über die Bekanntheit von Werbeslogans aus dem Jahr 2016. (Quelle: statista).
»Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso.«
Schon seit 1962 wirbt Haribo erfolgreich unverändert mit diesem Slogan und belegt in Sachen Bekanntheit Platz 1 auf dem deutschen Markt. Übrigens: Den Slogan »Haribo macht Kinder froh.« gibt es sogar schon seit 1935, der Zusatz »… und Erwachsene ebenso.« folgte dann erst fast dreißig Jahre später, als man den Erwachsenen Gummibärchen-Fans die Legitimation erteilen wollte, den lieben Kleinen die Gummibärchen vor der Nase wegzuessen.
»Quadratisch. Praktisch. Gut.«
Kurz und knackig fasst Ritter Sport die Vorzüge ihrer Schokoladen in diesem Slogan zusammen, und das schon seit 1970. Das Markenversprechen hat in dieser Form wohl wesentlich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen und macht die quadratischen Tafeln zur zweitliebsten Schokolade der Deutschen.
»Merci, dass es dich gibt.«
Bronze geht an einen anderen Schokoladenhersteller: In Kombination mit dem bekannten, kitschigen Schmachtsong verknüpft Merci seit 1993 sein Produkt mit einer großen Portion Emotionen und appelliert an seine Kunden, einfach mal »Danke« zu sagen.
»Wohnst du noch oder lebst du schon?«
Seit 2007 stellt das »unmögliche Möbelhaus« aus Schweden seinen Kunden diese Frage und setzt sich damit bewusst ab, vom Rest der Möbelhäuser, die aus Sicht der Schweden nicht zu einem modernen Lifestyle beitragen.
»Die zarteste Versuchung seit es Schokolade gibt.«
Fast vierzig Jahre prägte dieser Slogan das Markenbild von Milka und ist ganz offensichtlich bis heute fest in den Köpfen der Konsumenten verankert. Seit 2012 lautet der Slogan »Trau dich zart zu sein.«. Das scheint aber in der Bevölkerung noch nicht richtig angekommen zu sein.
»Nichts ist unmöglich … Toyota.«
Da hat man doch gleich die frechen Affen vor Augen, die gelangweilt in ihren Autoreifen schaukeln, oder? 1985 ging Toyota mit diesem Claim an den Start und konnte (nach eigenen Angaben) den Bekanntheitsgrad der Marke innerhalb weniger Wochen um fast 200 Prozent steigern.
»Red Bull verleiht Flügel.«
Da werde ich immer gleich ganz sentimental. Durfte ich doch selbst daran mitarbeiten, das Fundament für diesen damals undenkbaren Welterfolg der heute überaus beliebten Koffeinbrause zu legen. Seit 1984 verleiht RED Bull nun Flügel, was für eine wunderbare Umschreibung eines Wirkversprechens, das man schon aus rechtlichen Gründen anders gar nicht abgeben dürfte.
»Ich bin doch nicht blöd.«
Noch bevor Geiz geil sein durfte, sorgte Media Markt Ende der 1990er-Jahre mit diesem Slogan dafür, dass seine schnäppchengeilen Kunden mit stolzer Brust an der Kasse stehen durften.
«Ist der neu? Nein mit Perwoll gewaschen!«
Dieser Kampagnen-Slogan aus dem Jahr 1985 wurde so bekannt, dass der Ausdruck sogar in den alltäglichen Sprachgebrauch überging. Heute erfreut er sich nach wie vor großer Beliebtheit und wird vom Hersteller als Plädoyer für nachhaltige Second-Hand-Mode verwendet.
»Alles Müller oder was?«
Platz 10 der beliebtesten Slogans geht an diesen 1991 entwickelten Spruch der Molkerei Müller. Besteht an der Bekanntheit kaum Zweifel, scheiden sich bei diesem Slogan trotzdem die Geister: In einer anderen Umfrage belegte der Werbeslogan der umstrittenen Molkerei Alois Müller sogar Platz 1 – der unbeliebtesten Werbesprüche!
Nochmal zusammengefasst:
Viele Markenverantwortlichen scheuen sich, ihre Marke mit einem Claim zu unterstützen, weil es schwerfällt, sich auf eine Botschaft festzulegen.
Dabei sind Claims ein mächtiges Werkzeug, um eine Marke bekannter zu machen und positiv im Wettbewerbsumfeld zu positionieren.
Bei der Formulierung eines Claims sollte man ein paar wichtige Regeln und Best Practices berücksichtigen.
Claims entwickeln kann eine Menge Spaß machen. Um aber wirklich gute Claims zu schreiben, die das Potenzial haben, sich nachhaltig in den Köpfen der Zielkunden festsetzen, braucht es in der Regel erfahrene Profis. Zusammen mit Textprofis aus meinem Netzwerk helfe ich sehr gerne dabei, eure Positionierung, euer Versprechen oder eure Mission in einen eingängigen, nachhaltigen Slogan zu übersetzen, damit ihr ihr euren Claim abstecken und nach Gold schürfen könnt.
Mehr hoffentlich wertvolle Informationen zum Thema Claim auch in meinem Beitrag »Das Marken-Mantra: Die Kunst, den perfekten Claim für deine Marke zu finden.« hier im Blog.
Der BrandDoctor hilft bei wichtigen Markenentscheidungen mit Tragweite.
Als BrandDoctor helfe ich Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen dabei, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. Mit innovativen Tools unterstütze ich sie, das wichtige strategische Fundament dafür zu legen, mit ihren Marken nachhaltig erfolgreich am Markt zu agieren.
Über den Autor: Andreas Wiehrdt entwickelt und revitalisiert Marken seit über 20 Jahren. Alleine, als Markenstrategieberater oder im Team mit erfahrenen Spezialisten aus seinem Kompetenznetzwerk.