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Haltung zeigen kann Marken nützen.

Haltung zeigen kann Marken nützen.

Photo by Leslie Cross on Unsplash
München, den 07.12.2020

Marken, die nicht die »richtige« Haltung haben und vor allem Marken, die nicht »das Richtige« tun werden sehr schnell abgestraft.

Unter dem Hashtag #deleteUber machten sich verärgerte Bürger über die Streikbrecher von Uber Luft.

Aus Protest gegen Präsident Trumps Einreiseverbot für mehrheitlich muslimische Länder weigerten sich die New Yorker Taxifahrer eine Stunde lang den JFK-Flughafen anzufahren. Doch das konkurrierende Taxisystem Uber brach den Streik und setzte in dieser Stunde auch noch deutlich überhöhte Preise durch. Das freute zwar die Uber-Fahrer, doch schon innerhalb weniger Minuten setzte der Hashtag #DeleteUber einen für Uber gefährlichen Trend in den sozialen Medien. Am folgenden Tag kündigte Uber-Herausforderer Lyft an, eine Million US-Dollar an die American Civil Liberties Union zu spenden, um die amerikanischen Bürgerrechte zu verteidigen. Am Montag der folgenden Woche gehörte Lyft den vier am meisten heruntergeladenen Apps in den USA, die Uber-App fiel auf den 13ten Platz.

In diesem Beitrag geht es mal wieder um Haltung von Marken. Ich zeige hier an Beispielen wann Haltung-zeigen Marken nützt und wann nicht.

Was die »richtige« Haltung einer Marke sein sollte, entscheiden – wie so vieles – letztlich die Kunden. Allerdings wäre es fatal, jetzt schnell die Marktforscher loszuschicken, um zu ermitteln, welche Haltung denn gerade die »richtige« oder gerade im Trend sei und übereilig der eigenen Marke diese »richtige« Haltung einfach über zu stülpen. Haltung muss aus dem Unternehmen kommen, sie muss für die Marke authentisch und langfristig angelegt sein und sie sollte an allen Kontaktpunkten zu Kunden und potenziellen Kunden spürbar und erlebbar gemacht werden.

Verbraucher erwarten zunehmend, dass Marken Haltung zeigen und Stellung beziehen. Die inzwischen jährlich durchgeführte Studie der international agierenden PR-Beratung Edelmann »Earned Brand 2018« zeigt, dass 67 Prozent der befragten Verbraucher eine Marke aufgrund ihrer Haltung zu einem wichtigen sozialen oder politischen Thema kaufen oder boykottieren. 85 Prozent der Teilnehmer würden eine Marke sogar boykottieren, wenn sie sich stumm stellt bei einem Thema ,zu dem die Marke eigentlich Haltung zeigen sollte. Markenartikelunternehmen spüren diesen Druck: der US-amerikanische Werbeagenturenverband 4As führte eine Studie über wertorientiertes Marketing durch, in der 67 Prozent der teilnehmenden Werbeagenturen berichteten, dass Werbetreibende aufgrund der steigenden Sensibilität der Verbraucher für soziale und Umweltthemen zunehmend an wertorientiertem Marketing und Corporate Social Responsibility interessiert seien.

NIKE zeigt Haltung und Mut.
Im September 2018 verpflichtete Nike den ehemaligen NFL-Quarterback Colin Kaepernick, der seine NFL-Karriere offensichtlich dadurch verloren hatte, dass er aus Protest gegen Polizeigewalt in den USA zur Nationalhymne niederkniete, statt – wie üblich – zu stehen. In der Kampagne von Nike, die während des NFL-Saisonauftakts veröffentlicht wurde, sieht man Kaepernicks sagen: »Believe in something, even if it means sacrifiting everything«, in Anspielung auf seinen Protest. Die Kampagne sorgte in den USA für politische Aufregung. CNN zeigte wütende Kunden, die ihre Nike-Sneakers auf den Straßen in Brand steckten, während andere ihr Nike-Outfit als Zeichen der Loyalität zu Kaepernick (und NIKE) auch im Büro trugen.

euronews berichtet über die NIKE-Kampagne mit NFL-Profi Kaepernick.

Marketingprofis könnten argumentieren, dass Nike, indem es öffentlich eine politische Haltung gegen Präsident Trump einnahm, fahrlässig die Tür zu einem 150 Millionen starken potenziellen Markt eher weißer Republikaner zuschlug. Aber Nike ermutigt seine Kunden seit über 30 Jahren dazu, an sich selbst zu glauben (»Just do it.«), so dass diese Kampagne nur eine konsequente, zeitgemäße, wenn auch provokative Weiterführung der bisherigen Kampagne ist. Ein riskanter Move, zugegeben. Aber NIKE ist schon recht lange eine politisch polarisierte Marke. So wie Marken wie New York Times, Starbucks und CNN in Haltungsfragen eher dem linken politischen Flügel zuzurechnen sind während Marken wie Fox News und Papa John's Pizza, Wendy's und Red Wings und New Balance in Haltungsfragen wohl auf der politisch eher rechten Seite verortet werden. Letztendlich stärkte Nike mit seiner klaren, öffentlich geäusserten Haltung die Glaubwürdigkeit und Attraktivität der Marke und erhöhte ihre Bekanntheit durch Abarbeitung in den sozialen Medien und die umfangreiche journalistische Berichterstattung der Medien.

Ob die Outdoor-Marke Patagonia wirklich in alle Hosen ihrer »Stand-up Pants«-Serie Web-Labels mit dem Slogan »Vote the Assholes out!« hat einnähen lassen oder ob es sich hierbei um einen exzellenten Publicity-Stunt der umweltschutzaktiven Marke gehandelt hat, ist nicht belegt. Fakt ist aber, dass sich das Management nicht von der Aktion distanziert und damit eine klare Haltung gegenüber Regierenden aus Ländern eingenommen hat, die aus Sicht des Unternehmens notwendige Maßnahmen für den Umweltschutz blockieren.

Aber nicht jede Marke sollte auf den Haltungs-Zug aufspringen
Haltung haben sollte jedes Unternehmen, jede Marke. Aber Haltung zeigen ist keine Einheitsstrategie für alle Marken. Haltung und Purpose funktionieren nur für bestimmte Marktkategorien und nur für Unternehmen, die diese Haltung auch wirklich authentisch leben. Marken wie beispielsweise Patagonia, wurden um einen starken Purpose, eine klare Haltung herum geschaffen. Patagonias Mission Statement lautet: »We’re in business to save our home planet.« Konsequenterweise investiert Patagonia auch mindestens ein Prozent seiner Umsätze in die Unterstützung von Umweltaktivisten in der ganzen Welt. Vor diesem Hintergrund ist auch die oben erwähnte »Vote the assholes out!«-Aktion total glaubwürdig und angebracht. Die gleiche Botschaft von einer Molkereiproduktemarke wie beispielsweise Müller Milch wäre völlig daneben und heuchlerisch.

Auch sollte man provokatives Marketing nicht mit Haltungsmarketing verwechseln. So hat sich der bayerische Autovermieter Sixt zwar viel Aufmerksamkeit durch seine immer wieder sehr kreativen und provokativen Kampagnenmotive gemacht, die auch häufig Politiker und Promis durch den Kakao ziehen, aber eine ehrliche Haltung zu wirklich wichtigen Themen lässt diese Kampagne nicht erkennen.

Mehr zu den Themen Haltung und Purpose auch in meinen Beiträgen:
»Braucht denn jetzt jede Marke einen Purpose?«
»Wie finden wir den Purpose unserer Marke?«
»
Findet euren Purpose mit dem Concious Marketing Modell.«
»
Braucht denn jetzt wirklich jede Marke einen Purpose?«
»
Wo kommt der Purpose meiner Marke her?«
»Haltung zeigen kann Marken nützen.«
»
Wie Marken in Krisen durch Haltung gewinnen.«
»Sollen Marken Stellung beziehen zu gesellschaftlich relevanten Themen?«
»
Wie Marken in Krisen durch Haltung gewinnen.«
»Euren Purpose in der Unternehmenskultur verankern. Die größten Herausforderungen und wie ihr sie umschifft.«


Als BrandDoctor helfe ich Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen dabei, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. Mit innovativen Tools unterstütze ich sie, das wichtige strategische Fundament dafür zu legen, mit ihren Marken nachhaltig erfolgreich am Markt zu agieren.

Über den Autor: Andreas Wiehrdt entwickelt und revitalisiert Marken seit über 20 Jahren. Alleine, als Markenstrategieberater oder im Team mit Experten aus seinem Netzwerk.