Brand Doctor

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Wie Markenarbeit hilft, Investoren anzuziehen.

Photo by Danielle MacInnes on Unsplash

München, den 20.09.2019

Hand auf’s Herz! Jeder Start-up-Gründer setzt doch seine ganze Energie dahinter, aus seiner Geschäftsidee möglichst schnell ein vermarktbares Produkt zu machen. Zurückhaltend sind die meisten Gründer, wenn es darum geht, sich um die eher unbequemen, lästigen Aufgaben rund um den Vertrieb, die Vermarktung, und das Marketing ihrer Geschäftsidee zu kümmern. Gar nicht zu reden von der scheinbar profanen und vermeintlich unwichtigen Aufgabe der Entwicklung einer passenden Marke.

Sie irren und sie scheitern!

Viele Gründer – und ich treffe sie laufend auf Start-up-Nights und Gründer-Events – sind überzeugt davon, dass eine disruptive Geschäftsidee allein schon die Herzen ihrer künftigen Kunden gewinnen und schnelles Wachstum sicherstellen wird.

Und sie irren und scheitern.

In diesem Beitrag begründe ich, warum es für erfolgreiche Gründerinnen und Gründer unerlässlich ist, von Anfang an gleich mit dem Aufbau einer starken Marke zu beginnen und nicht erst zu warten, bis ihr Produkt, ihre Geschäftsidee Marktreife erlangt hat. Auch und gerade im Hinblick darauf, solvente Investoren und Unterstützer, für die eigene Geschäftsidee beziehungsweise Marke zu begeistern.

Was viele Gründer nicht verstehen, ist, dass es zunächst niemanden interessiert, was sie da in ihrem Incubator ausbrüten. Die erste Herausforderung ist also, etwaige Unterstützer und Kunden auf die neue Geschäftsidee, das neue Angebot aufmerksam zu machen und dafür zu interessieren. Abhängig vom Produkt und der Kategorie, lässt sich eine Marke anfangs konkreter und schneller «marktreif» entwickeln, als das neue Produkt selbst. Ein guter Beweis dafür sind viele Kick-Starter-Kampagnen, die eine sehr anschauliche Vision einer Geschäftsidee präsentieren, obwohl die eigentlichen Produkte meist noch gar nicht existieren.

Viele Gründer drücken sich gerne um die als «Soft-Tools» wahrgenommenen Vermarktungswerkzeuge, wie Vertrieb, Marketing und Branding herum. Wenn dann ihr «Baby» endlich marktreif ist, tingeln sie durch die bekannten Start-up-Messen und -events um ihr «Neugeborenes» endlich der Welt vorzustellen, oft ohne ausgereifte Idee der Marke dahinter.

Diese Strategie klingt in den Ohren erfahrener Vertriebs- und Marketing-Profis wie Direktvertrieb. Der funktioniert in den seltensten Fällen.

Schon früh eine Marken-Community bilden.
Diese Gründer unterschätzen, wie wichtig es ist, bereits von Tag 1 an eine interessierte und loyale Markengemeinschaft rund um ihr Produkt aufzubauen. Beginnend mit der ersten Person, mit der sie ihre frische Idee teilen (Mitglied #1). Der Geschäftspartner (Mitglied #2), dem es gelingt, wiederum jemanden davon zu überzeugen, seinen Job zu kündigen, um das Start-up zu unterstützen (Mitglied #3).

Und die Marken-Community hört da lange nicht auf. Es kommen hinzu: der Vermieter, der Banker, die Business Angels, die LinkedIn-Kontakte, das Netzwerk und bestenfalls dann auch Venture-Capital-Investoren. Sie alle gilt es, zunächst von einer Idee, einer Vision zu begeistern.

Eine Idee, die dann schon bestenfalls Markencharakter und Gestalt besitzt. Mit einer klaren Positionierung, einem gut formulierten Purpose, einem klaren Nutzenversprechen, einer Markenpersönlichkeit, vielleicht schon einem Slogan und einem Markenlogo (das hoffentlich nicht aus einem der unzähligen Online-Logo-Generatoren stammt, sondern individuell für die junge Marke entwickelt wurde).

Marken können der Wert eines Unternehmens um ein Vielfaches steigern.
Kein Gründer wird bestreiten wollen, dass Marken häufig ein Vielfaches des eigentlichen Unternehmenswertes monetarisieren können. Denn während man Unternehmen an ihren eher greifbaren, rationalen Assets misst (Gebäude und Inventar, Maschinen, Ausrüstung, Guthaben, also alles, was ein guter Buchhalter in seine Excel-Tabellen tippen kann), wird der Markenwert in Multiplikationsfaktoren angegeben (2x, 4x, 10x und 100x).

Denkt an große Marken, wie Google, Facebook, Amazon, Uber (wählt euer liebstes Einhorn!). Deren Bewertung hat wenig zu tun mit den materiellen Vermögenswerten oder den aktuellen Umsätzen. Bewertet werden diese Markenunternehmen an ihrem Potenzial zu skalieren, dem Bestand loyaler Kunden und der Fantasie, künftig Erfolge auf noch höheren Ebenen abliefern zu können. Und dieses Potenzial , diese Fantasie steckt inzwischen in ihrer Marke, nicht der ursprünglichen Geschäftstidee, die andere inzwischen schamlos kopieren.

Marken sind fiktive, attraktive Ideen, die uns als potenzielle Kunden die Vision, die Mission und die Werte der Gründer näher bringen. Marken geben Produkten und Dienstleistungen Sinn (Purpose) und helfen uns, den Nutzen (objektiv oder emotional) und damit die Relevanz von neuen Angeboten schnell zu erfassen. Schneller und besser, als dies eine mehr oder weniger trockene Beschreibung einer Geschäftsidee bzw. eines Produktes könnte.

Das geht potenziellen Kunden so, aber das geht auch potenziellen Unterstützern so. Eine attraktive Marke möchte man einfach unterstützen. Man möchte, dass sie erfolgreich ist. Venture Capital Partner, die von einer Idee, von einer Marke überzeugt sind, sind quasi schon emotional investiert. Das finanzielle Invest folgt der Überzeugung.

Gute, starke Marke erzählen eine Geschichte. Die Geschichte der Produktidee, die Geschichte der Gründung (Gründungsmythos) , die Geschichte, wie eine Idee mein Leben bereichern, meine Probleme lösen wird und die Gesellschaft ein Stück weit besser macht. Diese Geschichten bilden das Fundament für eine starke und aktive Social Community, die Fangemeinde der Marke. Eine Community aus Mitarbeitern, Kunden, Freunden, Investoren, euren Eltern(!), Lieferanten, eurem Vermieter, Blogger und Influencer. Irgendetwas macht Klick und zieht sie an, zu eurer Marke.

Schon lange bevor euer Produkt marktreif ist, könnt ihr damit beginnen, eine marktreife Idee, eine marktreife Vision davon aufzubauen, was einmal sein wird. Eure Marke.

Smarte Investoren wissen, dass eine starke Community (Fangemeinde), gebildet um eine attraktive Vision herum (Marke) einen hohen, nachhaltigen Wert besitzt. Der Aufbau eurer Marken-Fangemeinde (Brand Community) ist also mindestens genau so wichtig, wie das Produkt marktreif zu bauen. Und gerade weil 8 von 10 Gründer daran scheitern, ihre Idee zu Marktreife zu bringen, ist es immer eine gute Idee, parallel wenigstens schon mal eure Marke zu bauen.

Gelingt es euch nicht, Marktreife zu erlangen, habt ihr zumindest eure Marke. Die Legende, die eure Super-App, die erste Version eurer Geschäftsidee locker überlebt. Die Marke bindet eure Investoren, indem sie die Werte schafft, die der erste Fail nicht schaffen konnte.

Ein bekannter, großer deutscher Investor aus Berlin hat mir einmal verraten, dass beim ihm grundsätzlich die «Warnlampen» angehen, wenn er auf Gründer trifft, die Marketing und vor allem den Aufbau einer starken Marke «auf später» verschieben. Denn ohne eine spannende Marken-Story und eine existierende, wachsende Fangemeinde, ist die pure Geschäftsidee, so disruptiv sie auch sein mag, für ihn von geringem Wert.

Wenn ihr jetzt Interesse an der Idee gewonnen habt, doch auch schon mal über eure Marke nachzudenken, und vielleicht nicht wisst, was da auf euch zukommt und wie man das am besten angeht, freue ich mich immer über euren Anruf.

Die Zukunft ist zwar ungewiss, aber das Einzige, was bleibt.


Der BrandDoctor hilft bei wichtigen Markenentscheidungen mit Tragweite.
Als BrandDoctor helfe ich Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen dabei, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. Mit innovativen Tools unterstütze ich sie, das wichtige strategische Fundament dafür zu legen, nachhaltig erfolgreich am Markt zu agieren.

Über den Autor: Andreas Wiehrdt entwickelt und revitalisiert Marken seit über 20 Jahren. Alleine, als Markenstrategieberater oder im Team mit seinen Design-Kollegen bei mattweis (www.mattweis.de).