7 fatale Missverständnisse zu Markentreue – und wie du sie erkennst und vermeidest.

Autor: Andreas Wiehrdt
München, den 23.09.2024
Titelbild: DALL-E

Markentreue – der heilige Gral des Marketings? Jede und jeder Markenverantwortliche träumt davon, loyale Kunden zu haben. Aber was, wenn ihr dem Konzept der Markentreue auf den Leim gegangen seid?

Die meisten von uns glauben: Kundinnen und Kunden, die einmal treu sind, bleibt es auch. Doch die Realität sieht oft anders aus. Die gängigen Vorstellungen von Markentreue basieren oft auf Mythen, die uns in die Irre führen und die Markenarbeit in die falsche Richtung lenken. Wenn wir uns weiter blind auf diese Missverständnisse verlassen, riskieren wir nicht nur enttäuschte Erwartungen, sondern auch verlorene Marktanteile.

In diesem Beitrag werde ich mit den sieben größten Irrtümern rund um das Thema Markentreue aufräumen. Und das Beste daran: Du wirst lernen, wie du diese Fallstricke in deiner eigenen Markenstrategie vermeidest und stattdessen eine starke, loyale Kundenbasis aufbaust – eine, die sich an der Kasse auch so verhält, wie sie in Umfragen vorgibt.


Hallo, ich bin der BrandDoctor und helfe Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. In diesem Blog für Markenverantwortliche und -entscheider schreibe ich regelmäßig über interessante Themen rund um Marke und Markenstrategie.


Markentreue: eine Definition.

Markentreue bezeichnet die wiederholte Präferenz und Bindung eines Kunden an eine bestimmte Marke, die sich in regelmäßigen Kaufverhalten und einer positiven emotionalen Einstellung zur Marke ausdrückt. Die Marke wird von Kunden immer dann bevorzugt, wenn sie Vertrauen in die Marke haben und positive Erfahrungen damit gemacht haben. Markentreue umfasst sowohl das Verhalten (wiederkehrender Kauf) als auch die emotionale Bindung (positive Einstellung) und ist ein Schlüsselindikator für langfristigen Erfolg.

 

Die sieben Missverständnisse zur Markentreue erkennen und daraus lernen.

  1. Markentreue hat immer zwei Dimensionen: nämlich Verhaltens- und Einstellungsaspekte

    Das Missverständnis: Viele glauben, Markentreue bestehe nur aus wiederholtem Kaufverhalten. Doch es geht um mehr – die emotionale Bindung zur Marke der Kunden spielt eine mindestens ebenso wichtige Rolle.

    Beispiel: Ein Kunde kauft immer dieselbe Kaffeemarke im Supermarkt. Aber kauft er sie, weil er sie liebt oder weil sie dort einfach immer verfügbar oder besonders preiswert ist? Dieser Unterschied ist entscheidend. In Deutschland wird etwa die Marke Milka oft gekauft, weil sie am POS omnipräsent ist – aber das bedeutet nicht, dass alle Käufer auch echte Fans der Marke sind.

    Key Learnings: Markenverantwortliche sollten sicherstellen, dass ihre Marke nicht nur gekauft, sondern auch gemocht wird. Das bedeutet, dass du nicht nur auf die Verkaufszahlen schauen solltest, sondern auch die emotionale Bindung deiner Kunden messen musst. Nutze Umfragen oder Social Listening, um herauszufinden, wie die Menschen über deine Marke denken.

  2. Markentreue hat keinen Schalter, den man umlegen kann. Kunden sind nicht entweder loyal oder illoyal.

    Das Missverständnis: Oft wird angenommen, dass Kunden entweder loyal sind oder eben nicht. Aber in Wahrheit ist Loyalität ein fluides Spektrum, das sich über die Zeit verändert.

    Beispiel: Ein gutes Beispiel ist die Automobilbranche. Viele Menschen haben eine Vorliebe für bestimmte Marken wie BMW oder Audi, aber das bedeutet nicht, dass sie »ihrer« Marke bei jedem Kauf absolut treu bleiben. Ein Kunde kann heute loyal sein, aber morgen aufgrund eines neuen, besseren Angebots abwandern.

    Key Learnings: Verstehe, dass Kundenloyalität schwankend ist. Baue daher regelmäßig Berührungspunkte mit deinen Kunden auf, die ihre Loyalität festigen. Personalisierte Angebote, Kundenbindungsprogramme und hervorragender Service sind hier das A und O, um die Bindung deiner Kunden langfristig zu stärken.

  3. In unserer datengesteuerten Welt neigen Marketers dazu, ausschließlich Verhaltensdaten zu betrachten und Einstellungsdaten zu vernachlässigen.

    Das Missverständnis: Heute, wo wir immer mehr Daten bekommen und fast alles messen können, konzentrieren sich viele Marketers ausschließlich auf harte Daten wie Verkaufszahlen. Die weichen Daten, also wie Kunden über eine Marke denken, wie sich der Kaufentscheidungsprozess für sie anfühlt oder welche Dissonanzen sich vielleicht nach dem Kauf einstellen, bleiben zu oft unberücksichtigt.

    Beispiel: Stell dir vor, du arbeitest für einen großen Online-Händler. Die Verkaufsdaten zeigen, dass ein bestimmter Artikel immer wieder gekauft wird. Aber ohne die Einstellung der Kunden zu diesem Artikel zu kennen, weißt du nicht, ob sie ihn wirklich mögen oder nur aus Mangel an Alternativen oder aufgrund des gerade günstigen Preises kaufen.

    Key Learnings: Kombiniere Verhaltens- mit Einstellungsdaten, um ein vollständiges Bild deiner Kunden zu bekommen. Durch Kundenbefragungen oder die Analyse von Bewertungen kannst du wertvolle Einblicke gewinnen, die reine Verkaufszahlen nicht liefern. So stellst du sicher, dass deine Marke nicht nur gekauft, sondern auch geliebt wird.

  4. Wir verwechseln Convenience mit Markentreue.

    Das Missverständnis: Viele verwechseln Convenience mit echter Loyalität. Wenn Kunden eine Marke immer wieder kaufen, liegt das oft daran, dass diese bequem einzukaufen und leicht überall verfügbar ist – und nicht, weil sie eine starke emotionale Bindung dazu haben.

    Beispiel: In Deutschland kaufen viele Kunden immer wieder dieselben Haushaltsprodukte, einfach, weil sie immer im Regal ihres präferierten Drogeriemarktes stehen. Doch das bedeutet nicht, dass sie diese Marken wirklich lieben – sie sind halt einfach bequem zu bekommen.

    Key Learnings: Achte darauf, dass deine Marke nicht nur wegen der Bequemlichkeit gekauft wird. Schaffe starke, emotionale Verbindungen zu deinen Kunden, zum Beispiel durch Storytelling oder durch das Hervorheben von Werten, die deiner Zielgruppe wichtig sind. So sorgst du dafür, dass deine Marke nicht nur gekauft, sondern auch emotional bevorzugt wird.

  5. Die Ära der exklusiven Markentreue ist längst vorbei.

    Das Missverständnis: Früher waren Kunden in bestimmten Produktkategorien oft jeweils einer Marke treu. Heute mischen sie jedoch lieber – mal diese, mal jene Marke.

    Beispiel: Denk an den Bereich Mode. Die meisten Menschen haben keinen festen Lieblingsladen mehr, sondern kaufen mal bei Zara, mal bei H&M, mal stationär, mal online. Die exklusive Treue zu einer Marke in einer Kategorie ist seltener geworden.

    Key Learnings: Akzeptiere, dass Kunden heutzutage nicht mehr ausschließlich einer Marke treu sind. Konzentriere dich darauf, in ihrer Auswahl immer wieder relevant zu sein. Das erreichst du, indem du deine Marke flexibel und anpassungsfähig gestaltest, etwa durch limitierte Kollektionen oder Kooperationen, die das Interesse der Kunden immer wieder neu entfachen.

  6. Es ist naives Wunschdenken, dass ein treuer Verbraucher die Marke seiner ersten Wahl auch dann kauft, wenn er dafür in einem zweiten Geschäft einkaufen muss.

    Das Missverständnis: Viele Markenverantwortliche glauben, dass ein wirklich treuer Kunde alles tun würde, um ihre Marke zu kaufen – sogar einen Umweg machen. Das ist oft eine Illusion.

    Beispiel: Ein treuer Fan einer bestimmten Schokoladenmarke mag diese zwar bevorzugen, aber wenn sie im nächstgelegenen Supermarkt ausverkauft ist, greift er wahrscheinlich zur nächstbesten Alternative, anstatt extra in ein anderes Geschäft zu gehen.

    Key Learnings: Stelle sicher, dass deine Marke überall dort verfügbar ist, wo deine Kunden sie erwarten. Gute Distribution und Verfügbarkeit sind der Schlüssel. Arbeite außerdem an deiner Online-Präsenz, damit Kunden im Zweifel auch online einfach zugreifen können.

  7. Irgendwann schlägt Preisempfindlichkeit Markentreue, egal, wie loyal der Verbraucher ist.

    Das Missverständnis: Manche Markenverantwortliche glauben, ihre Kunden seien so loyal, dass sie auch nach Preiserhöhungen treu bleiben. Aber je nach Grad der Loyalität spielt am Ende der bessere Preis oft die entscheidende Rolle.

    Beispiel: Denk an den Lebensmittelmarkt. Viele Kunden haben eine Lieblingsmarke, aber sobald eine ähnliche Marke im Angebot ist, wechseln sie. Besonders in Deutschland, wo Preisbewusstsein stark ausgeprägt ist, kann ein günstigerer Preis schnell die Loyalität übertrumpfen.

    Key Learnings: Sei dir bewusst, dass selbst loyale Kunden preissensibel sind. Sorge dafür, dass deine Preisstrategie wettbewerbsfähig bleibt und biete Mehrwert, der über den Preis hinausgeht – sei es durch Qualität, besondere Angebote oder exklusive Services. So kannst du die Preisempfindlichkeit deiner Kunden abmildern.


Mit diesen Erkenntnissen im Gepäck bist du besser gewappnet, um Markentreue in ihrer ganzen Komplexität zu verstehen und effektiv für deine Marke zu nutzen.


Fazit: Markentreue – Mehr als nur ein Schlagwort

Markentreue ist komplexer, als viele denken. Sie zeigt sich nur in wiederholten Käufen, sondern ist vor allem auch eine Frage der emotionalen Bindung und der situativen Umstände. Die sieben Missverständnisse, die wir hier aufgedeckt haben, zeigen, dass es leicht ist, in die Falle zu tappen und Markentreue falsch zu interpretieren. Wer nur auf Verkaufszahlen schaut, riskiert, die wirkliche Beziehung seiner Kunden zur Marke zu übersehen. Verfügbarkeit, Bequemlichkeit und vor allem der Preis spielen oft eine größere Rolle, als wir uns eingestehen wollen.

Warum ist das so wichtig? Weil nur wer die Realität der Markentreue versteht, seine Markenstrategie wirklich auf Erfolgskurs bringen kann. Es reicht nicht, darauf zu hoffen, dass Kunden «einfach loyal» bleiben. Du musst aktiv daran arbeiten, ihre Bindung zu stärken und deine Marke in ihrem Alltag relevant zu halten.

Wann hast du zuletzt die Loyalität deiner Kunden wirklich unter die Lupe genommen? Nimm dir die Zeit, deine Markenstrategie zu überdenken: Analysiere nicht nur das Kaufverhalten, sondern auch die Emotionen und Einstellungen deiner Kunden. Prüfe, ob deine Marke mehr als nur bequem einzukaufen oder preislich attraktiv ist – und finde heraus, wie du echte, nachhaltige Markentreue aufbauen kannst. Wenn dich das Thema Markentreu und -loyalität interessiert, empfehle ich dir auch folgende Beiträge hier im Blog:

»Ist Brand Loyalty ein Konzept von gestern?«

»Warum loyale Stammkunden gerade in der Krise unbezahlbar sind.«


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Über den Autor: Andreas Wiehrdt entwickelt und revitalisiert Marken seit über 20 Jahren. Allein, als Markenstrategieberater oder im Team mit erfahrenen Spezialisten aus seinem Kompetenznetzwerk.


Wie ich’s mit dem Gendern halte:

Im Interesse einer besseren Lesbarkeit und aus Respekt vor unserer schönen deutschen Sprache habe ich mich dazu entschlossen, in der Regel das generische Maskulinum verwendet. Die Texte beziehen sich aber immer auf Angehörige aller Geschlechter.

Andreas Wiehrdt

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