What business are you in? Mit dem richtigen Frame of Reference besser positioniert neue Kunden gewinnen.

Autor: Andreas Wiehrdt
München, den 22.07.2024
Titelbild: DALL-E

Ist McDonald's wirklich nur ein Fast-Food-Anbieter oder konkurriert der Burgerbrater eher mit anderen belohnenden Freizeitaktivitäten für Mainstream-Familien? Konkurrieren Chio Chips nur mit anderen Kartoffelchipsmarken oder mit anderen Snacks oder sogar mit Fast Food? Konkurriert Starbucks wirklich mit anderen Coffee Shops oder hat man sich als präferierter »Third Place« zum Abhängen, Arbeiten und Zeit-Totschlagen nicht längst aus dem engen Wettbewerbsumfeld »Coffee to go« abgesetzt?

Dass eine intelligente und scharfe Positionierung einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine Marke ist, habe ich hier schon in mehreren Beiträgen geschrieben; und auch darüber, wie man die perfekte Positionierung für sein Angebot findet. (Links zu den entsprechenden Beiträgen findet ihr am Ende dieses Beitrags). Die Basis jeder guten Positionierung sind zwei Elemente: (1.) Der Frame of Reference (FoR), d.h. die Definition des Marktes oder Marktsegments, in dem man verkaufen und (2.) der Point-of-Difference (PoD), d.h. die Alleinstellungsmerkmale des Angebots, mit denen man sich positiv von der Konkurrenz abheben möchte.

Die Wahl des besten Frame of Reference, d.h. die Definition des Wettbewerbsumfelds bzw. die Entscheidung, mit wem eure Marke bzw. euer Angebot konkurrieren möchte, hat entscheidende Auswirkungen auf das Erfolgspotenzial einer Marke bzw. eines Angebots und ist vielleicht der wichtigste Teil der Positionierungsstrategie. Und deshalb denke ich, dass der Frame of Reference auf jeden Fall diesen eigenen Beitrag wert ist.


Hallo, ich bin der BrandDoctor und helfe Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. In diesem Blog für Markenverantwortliche und -entscheider schreibe ich regelmäßig über interessante Themen rund um Marke und Markenstrategie.


1. Was ihr in diesem Beitrag erwarten dürft:

Der Artikel erläutert, was im Rahmen der Positionierungsstrategie unter einem Frame of Reference (FoR) zu verstehen ist und beleuchtet die große Bedeutung des FoR für eine Erfolg versprechende Positionierung von Marken. Der Beitrag zeigt die Chancen eines klug gewählten FoR, aber auch die Risiken eines falsch gewählten FoR auf. Er erklärt, wie man den erfolgversprechendsten FoR für seine Marke auswählt und zeigt anhand von Fallbeispielen, wie es großen Marken gelungen ist, durch den sukzessiven Ausbau ihres FoR profitabel zu wachsen. Der Artikel schließt mit einer Liste guter Fachliteratur zum Thema FoR und Positionierung.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ihr in diesem Beitrag erwarten dürft.

  2. Definition des Frame of Reference.

  3. Der Frame of Reference hat Einfluss auf weitere markenstrategische Entscheidungen

  4. Der Frame of Reference wird sowohl durch die Verbraucherwahrnehmung als auch durch strategische Marketingentscheidungen definiert.

  5. Jede Marke hat immer eine Vielfalt an Optionen, was den FoR betrifft.

  6. Den Frame of Reference erweitern, um Marke und Umsatz auszuweiten.

  7. Den eigenen Frame of Reference nicht zu hinterfragen, kann fatale Folgen haben.

  8. Wie Marketingmanager potenzielle Frames of Reference identifizieren und ihre Erfolgschancen für ihr Angebot bewerten können

  9. Die Veränderung des Frame of Reference und damit der Positionierung bietet Chancen, aber birgt auch Risiken.

  10. Tipps für vertiefende Fachliteratur

 

Too much to read? Die Essenz des folgenden Beitrags in 300 Worten:

  • Im Marketing bezieht sich der Frame of Reference (FoR) auf den Markt oder die Kategorie, in der eine Marke positioniert ist, und beeinflusst, wie Konsumenten eine Marke wahrnehmen, welche Leistungen sie daher erwarten und mit welchen anderen Angeboten sie die Marke vergleichen. Der FoR spielt eine entscheidende Rolle in der Positionierungsstrategie einer Marke und prägt die Wahrnehmung und Erwartungen der Konsumenten.

  • Ein FoR definiert die Produkt- oder Dienstleistungskategorie, in der eine Marke operiert, und bestimmt damit, welche Wettbewerber als relevant angesehen werden. Dies ist wichtig für die Entwicklung der Differenzierungs- und Positionierungsstrategie sowie für die Formulierung der Marketingbotschaften, mit denen die Marke als beste Wahl in ihrer Kategorie positioniert werden soll. Der FoR hilft auch bei der Gestaltung eines relevanten Nutzenversprechens, indem er einen Vergleichsrahmen schafft und grundlegende Anforderungen an den Nutzen definiert.

  • Der FoR wird durch eine Wechselwirkung zwischen der subjektiven Wahrnehmung der Konsumenten und den strategischen Entscheidungen der Marketingverantwortlichen geformt. Konsumenten entwickeln aufgrund ihrer Erfahrungen und Assoziationen eine Vorstellung davon, in welche Kategorie eine Marke gehört und wie sie mit Wettbewerbern vergleichbar ist. Marketingverantwortliche können strategisch festlegen, wie eine Marke positioniert werden soll und den FoR durch gezielte Kommunikationsstrategien beeinflussen.

  • Marken haben oft verschiedene Optionen für ihren FoR und es kann sinnvoll sein, Konsumenten zu befragen, in welchem Marktumfeld sie die Marke sehen. Die Erweiterung des FoR kann neue Zielgruppen ansprechen und das Wettbewerbsumfeld neu definieren, wie Beispiele von Marken wie Arm & Hammer, Axe und Tide zeigen. Diese Marken haben ihren FoR erweitert, um ihr Produktportfolio und ihren Umsatz zu steigern.

  • Ein FoR muss regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, um mit den Marktveränderungen Schritt zu halten, wie das Beispiel Kodak zeigt, das seine Marktführerschaft durch das Festhalten an einem veralteten FoR verlor. Marketingverantwortliche können potenzielle FoRs identifizieren und ihre Erfolgschancen bewerten, indem sie eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Methoden wie Markt- und Wettbewerbsanalysen, Kundenforschung, Markttests und SWOT-Analysen einsetzen.

  • Die Veränderung des FoR bietet Chancen, wie die Ansprache neuer Zielgruppen und die Verbesserung des Markenimages, birgt aber auch Risiken, wie die Verwirrung bestehender Kunden und hohe Kosten. Ein sorgfältig geplanter Ansatz, basierend auf fundierter Marktforschung und klarer Kommunikation, kann helfen, die Chancen zu maximieren und die Risiken zu minimieren.

 

2. Definition des Frame of Reference

Im Marketing bezieht sich der Frame of Reference (FoR) auf den Markt oder die Kategorie, innerhalb derer eine Marke positioniert wird. Er stellt den Kontext dar, in dem Konsumenten eine Marke wahrnehmen und mit anderen Marken vergleichen. Der FoR ist entscheidend für die Positionierungsstrategie der Marke und beeinflusst, wie Konsumenten die Marke verstehen und in welchen Bezugsrahmen sie die Marke setzen. Es macht es einen Unterschied, ob Verbraucher Snickers als »süße Belohnung« ansehen und verwenden oder als einen »Riegel, der schnell den Hunger stillt«. In dem ersten Fall konkurriert Snickers mit anderen Süßigkeiten, in dem anderen Fall mit anderen hungerstillenden Snacks.



3. Der Frame of Reference hat Einfluss auf weitere markenstrategische Entscheidungen:

Marktkategorie: Der FoR definiert die Produkt- oder Servicekategorie, also den Markt, in der eine Marke operiert. Beispielsweise kann eine Marke als Teil des Premium-, des Budgetsegments oder etwa des Marktes nachhaltiger Produkte wahrgenommen werden. So positioniert sich beispielsweise Häagen-Dazs im Premiumsegment des Speiseeismarktes, konkurriert damit eher mit Magnum, Ben&Jerry's und NUii als mit Langnese und muss hohe Produktqualität, luxuriöse Packungsgestaltung und ungewöhnliche, prätentiöse Eissorten bieten, um den Erwartungen der Verbraucher an diese Kategorie Stand halten zu können.

Wettbewerbsumfeld: Der FoR macht deutlich, welche anderen Marken als direkte Wettbewerber wahrgenommen werden. Eine klare Definition der Wettbewerber hilft bei der Entwicklung der Differenzierungsstrategie (PoD).

Kundenwahrnehmnung: Der FoR ist ein entscheidender Faktor für die Wahrnehmung einer Marke durch die Zielgruppe. Er bestimmt, wie Konsumenten die Marke kategorisieren, welche Erwartungen sie haben, wie sie den Wert der Marke einschätzen und wie sie auf Marketingbotschaften reagieren.

Marketingbotschaften: Der FoR leitet die Entwicklung von Marketingbotschaften, die deutlich machen, warum eine Marke für eine bestimmte Zielgruppe die beste Wahl in ihrer Kategorie ist.

Nutzenversprechen: Der FoR hilft bei der Formulierung eines relevanten und kompetitiven Nutzenversprechens der Marke, indem er einen Vergleichsrahmen schafft und gewisse Grundanforderungen an den Nutzen definiert (Points of Parity).



4. Der Frame of Reference wird sowohl durch die Verbraucherwahrnehmung als auch durch strategische Marketingentscheidungen definiert.

Der Frame of Reference ist ein dynamisches Konzept, das sowohl durch die subjektive Wahrnehmung der Konsumenten als auch durch strategische Entscheidungen der Marketingverantwortlichen definiert wird

(A.) Subjektive Wahrnehmung der Konsumenten

  • Kundenerfahrungen und -erwartungen: Konsumenten entwickeln aufgrund ihrer Erfahrungen, Interaktionen und des allgemeinen Markenimages eine eigene Vorstellung davon, in welche Kategorie eine Marke einzuordnen und mit welchen konkurrierenden Angeboten sie vergleichbar ist.

  • Vergleich mit Wettbewerbern: Konsumenten nutzen den FoR, um Marken miteinander zu vergleichen. Diese Vergleiche basieren häufig auf persönlichen Vorlieben, Erfahrungen und Empfehlungen und prägen die Wahrnehmung und relative Attraktivität einer Marke in ihrem Markt.

  • Markenassoziationen: Die Assoziationen, die Konsumenten mit einer Marke verbinden, spielen eine zentrale Rolle bei der Definition des FoR. Diese Assoziationen können durch Werbung, Produktverwendung, Social Media und Mundpropaganda entstehen.


(B.) Strategische Definition des FoR durch Marketingverantwortliche

  • Positionierungsstrategie: Marketingverantwortliche legen strategisch fest, wie eine Marke im Markt positioniert werden soll. Dazu gehört die Entscheidung, in welcher Marktkategorie die Marke konkurrieren soll und welche Wettbewerber damit relevant sind. Ein Beispiel wäre die strategische Entscheidung, ob eine Kaffeemarke als »Alltagskaffee« oder als »Kaffeespezialität« positioniert wird.

  • Neudefinition des Wettbewerbsumfeldes: Durch strategische Maßnahmen können Marken aus ihrem angestammten Bezugsrahmen ausbrechen und ihr Wettbewerbsumfeld neu und damit Erfolg versprechender definieren. Dies kann durch Innovation, Rebranding oder die Einführung neuer Produktlinien geschehen. Ein Beispiel ist Tesla, das den FoR für Elektroautos von umweltfreundlichen, aber leistungsschwachen Fahrzeugen hin zu luxuriösen, leistungsstarken und technologisch fortschrittlichen Autos verschoben hat.

  • Kommunikationsstrategien: Marketingverantwortliche nutzen gezielte Kommunikationsstrategien, um den FoR der Marke zu beeinflussen. Dies geschieht durch Werbung, PR- und Social-Media-Kampagnen, um die gewünschte Markenwahrnehmung zu verstärken und die Verbrauchermeinung zu formen.

Der FoR wird durch eine Wechselwirkung zwischen der subjektiven Wahrnehmung der Konsumenten und den strategischen Entscheidungen der Marketingverantwortlichen geformt. Diese Dynamik ermöglicht es Marken, in einem sich ständig verändernden Marktumfeld flexibel zu agieren und sich erfolgreich zu positionieren.



5. Jede Marke hat immer eine Vielfalt an Optionen, was den FoR betrifft:

Der FoR ist nämlich nicht so gottgegeben, wie manche Marketingverantwortliche vielleicht meinen. Häufig wundert man sich sogar, in welchem Markt oder Anwendungsumfeld Verbraucher die eigene Marke tatsächlich sehen. Und dazu muss man gar nicht WD 40 heißen. Ihr wisst schon, das Multifunktionsöl, das nicht nur schmiert, sondern auch hilft Schnecken abzuwehren, Herde zu reinigen, Kaugummi entfernt, Schlösser enteist und vieles, vieles mehr kann.

Deswegen macht es durchaus Sinn, genau zu überlegen oder noch besser, die Verbraucher zu fragen, für welche Herausforderung sie eure Marke als Lösung ansehen, also in welchem Markt oder Wettbewerbsumfeld eure Marke gesehen oder potenziell gesehen wird.

Das obige Chart zeigt beispielhaft die verschiedenen Optionen, die Coca Cola hätte, um ihren FoR zu wählen und gegen welche Mitbewerber die Marke dann antreten müsste (Abbildung: BrandDoctor).

Das obige Chart zeigt beispielhaft die verschiedenen Optionen, die eine Chipsmarke wie Chio Chips hätte, um ihren FoR zu wählen und gegen welche Mitbewerber die Marke dann antreten müsste (Abbildung: BrandDoctor).

Das oben gezeigte Beispiel von Chio Chips zeigt das hervorragend auf. Naheliegend ist die Annahme, dass Chio Chips mit anderen Kartoffelchipsmarken konkurriert, der FoR also einfach Kartoffelchips ist. Aber, was wäre, wenn eine Vielzahl an potenziellen Kunden Chio Chips essen, weil sie akuten Hunger, aber gerade keine Zeit oder Möglichkeit für eine Mahlzeit haben? Der alternative FoR »Ersatz für eine Mahlzeit« könnte ganz neue Zielgruppenpotenziale eröffnen und das Mitbewerberumfeld neu definieren. Das Gleiche zeigt das Chart mit alternativen FoRs für Coca Cola.

Ich kann euch nur empfehlen, gleich mal ein vergleichbares Chart für eure FoR Optionen zu zeichnen und die Chancen und Risiken alternativer FoRs für euch zu bewerten.



6. Den Frame of Reference erweitern, um Marke und Umsatz auszuweiten:

Hier sind ein paar Beispiele, wie Marken durch Erweiterung ihres FoR ihr Produktportfolio und damit auch ihren Umsatz und ihre Marktbedeutung ausgeweitet haben.

Das Chart zeigt, wie die US-Marke Arm & Hammer durch Ausweitung des FoR ihr Produktangebot erweitert, die Marke gestreckt und so ihre Marktbedeutung und den Umsatz gesteigert hat (Abbildung: BrandDoctor).

 


Arm & Hammer

Arm & Hammer wurde 1846 als John Dwight and Company gegründet und verkaufte zunächst nur Natriumhydrogencarbonat (Haushaltsnatron oder amerikanisch Baking Soda) als Backhilfsmittel (Backpulver), damals noch unter der Marke »Cow«. Ab 1886 wurde Baking Soda dann von John Dwights Erben unter der Marke »Arm & Hammer« verkauft.

Von den 1920er bis in die 1960er-Jahre entwickelte sich die Monomarke durch die Auslobung alternativer Verwendungsmöglichkeiten von Haushaltsnatron (Badreinigung, Körperpflege, Zahnpflege usw.). Erst die Ausweitung der Marke auf Spezialprodukte zur Geruchsbekämpfung eröffnete einen völlig neuen Wachstumspfad. In den 1970er-Jahren begann die Erschließung immer neuer Anwendungsbereiche mit speziell entwickelten Produkten auf Natronbasis.

Von den 1970er-Jahren bis zur Jahrtausendwende expandierte die Marke in Bereiche, in denen sich die vielfältigen Vorteile von Natriumhydrogencarbonat (z. B. Desodorieren, Reinigen, Bleichen und Trocknen) als besonders relevant erwiesen. Eigene Produkte unter der Marke Arm & Hammer eroberten Kategorien wie Waschmittel, Tierpflege, Mundpflege und sogar geruchsneutralisierende Windeleimer und erweiterten den FoR der Marke Schritt für Schritt.

Das Chart zeigt, wie die Unilever Marke Axe durch Ausweitung des FoR ihr Produktangebot erweitert, die Marke gestreckt und so ihre Marktbedeutung und den Umsatz gesteigert hat (Abbildung: BrandDoctor).

 

Axe

Axe wurde 1983 von Unilever in Europa eingeführt, expandierte in den 90-er Jahren rasch auf den Weltmärkten und ist heute die Nummer 1 unter den Körperpflegemarken für Männer weltweit (Euromonitor über Unilever). Begonnen hat die Marke mit stark parfümierten Deos und dem Versprechen einer gesteigerten Attraktivität für Frauen. In den 2000er-Jahren wurde die Marke stark ausgeweitet. Es folgten Parfums, Körperwaschmittel, Haar-, Bart- und Gesichtspflegeprodukte.

Heute bietet Unilever unter Marke Axe eine breite Palette von Pflegeprodukten für Männer an, die sich aber alle konsequent an dem Markenversprechen Attraktivität für das andere Geschlecht orientieren.

 

Das Chart zeigt, wie die US-Waschmittelmarke Tide durch Ausweitung des FoR ihr Produktangebot erweitert, die Marke gestreckt und so ihre Marktbedeutung und den Umsatz gesteigert hat (Abbildung: BrandDoctor).

 

TIDE

Tide ist eine amerikanische Waschmittelmarke, die von Procter & Gamble hergestellt und vermarktet wird. Sie wurde 1946 eingeführt und ist die meistverkaufte Waschmittelmarke der Welt (Wikipedia). Tide wurde 1946 als erstes »heavy-duty«-Maschinenwaschmittel in den USA mit großem Erfolg eingeführt. Es folgten die Line Extensions »Tide XK« (1968), »Liquid Tide« (1984), »Tide with Bleach« (1988), »Ultra Liquid Tide« (1992) und »Tide Coldwater« (2005), der »Tide to Go«-Fleckenstift (2005) sowie die »Tide Pods« (2012). Tide nutzte seine starke Position und Kompetenz in der Reinigung von Textilien, um den FoR der Marke auf viele weitere Bereiche rund um die Reinigung und Pflege von Textilien zu erweitern, auch außerhalb des FMCG-Sektors. So gibt es in den USA inzwischen Tide Wash Centre und Tide Dry Cleaners und Tide bietet in Kooperation mit dem Elektrogerätehersteller Whirlpool heute eigene »Tide Swash Machines« an.

Die vielleicht interessanteste Neueinführung ist der Mehrzweck-Fleckentferner von Tide. Dieses Produkt erweitert erstmals den FoR der Marke von der Reinigung von Textilien auf die Reinigung von Oberflächen im ganzen Haus. Tide scheint also an einem strategischen Scheideweg zu stehen. Soll man sich auf die Reinigung von Textilien als zentralen FoR konzentrieren oder den FoR zu Reinigung ganz allgemein erweitern? Wir werden sehen.



7. Den eigenen Frame of Reference nicht zu hinterfragen, kann fatale Folgen haben.

Nehmen wir Kodak. Ich weiß, tausendmal erzählt, aber immer wieder beeindruckend. Der einstige Marktführer aus den USA hat viel zu lange daran festgehalten, seinen FoR und damit seinen Wettbewerb als »Anbieter von hochwertigem Filmmaterial für Fotografen und Filmemacher« zu definieren. Hätte man den FoR rechtzeitig auf »Hochwertige Lösungen und Dienstleistungen rund um Fotografie und Film« erweitert und die beginnende Digitalisierung dieses Marktes einbezogen, wäre Kodak vielleicht heute noch Marktführer.

Ähnlich wird es bald großen und kleinen Marken in den Märkten Taxi, Hotel, Reisebüro, Autovermietung, Restaurant und vielen mehr ergehen, die zu spät entdecken, dass längst disruptive Angebote ihr angestammtes Geschäft und damit ihren FoR anzugreifen drohen.

Auch deswegen ist es absolut sinnvoll, den eigenen FoR regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob der Markt, in dem man sich positioniert, entsprechende Zukunftsaussichten hat.


Wusstet ihr, dass ihr meinen gesamten Blog nach Stichworten durchsuchen lassen könnt? Findet in über 150 Fachbeiträgen genau die Themen, die euch gerade interessieren.



8. Wie Marketingmanager potenzielle Frames of Reference identifizieren und ihre Erfolgschancen für ihr Angebot bewerten können:

Marketingverantwortliche können potenzielle FoRs identifizieren und ihre Erfolgschancen für ihr Angebot bewerten, indem sie eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Methoden anwendet. Nachfolgend sind einige gängige Methoden und Ansätze aufgeführt:

(A.) Methoden zur Identifizierung potenzieller Frame of References

  1. Markt- und Wettbewerbsanalyse:

    • Marktanalyse: Untersuchung des gesamten Marktes, um relevante Kategorien und Unterkategorien zu identifizieren

    • Wettbewerbsanalyse: Analyse der Wettbewerber, um zu verstehen, wie sie sich positionieren und welche Marktlücken und Chancen bestehen.

  2. Kundenforschung:

    • Befragungen und Interviews: Direkte Befragung von Kunden, um ihre Wahrnehmungen, Bedürfnisse und Erwartungen in Bezug auf eure Marke und die Kategorie zu verstehen.

    • Fokusgruppen: Moderierte Gruppendiskussionen, um tiefere Einblicke in Kundenmeinungen und -verhalten zu erhalten.

  3. Markttests und Pilotprojekte:

    • Testmärkte: Repositionierung eures Angebots in ausgewählten Testmärkten (Alternativer FoR und PoD), um die Reaktionen der Verbraucher zu testen und erstes Feedback zu erhalten.

    • A/B-Tests: Vergleich verschiedener Positionierungsansätze oder Marketingbotschaften, um herauszufinden, welche bei der Zielgruppe am besten ankommt.


(B.) Methoden zur Bewertung der Erfolgsaussichten potenzieller Frame of References

  1. SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats): Bewertung der internen Stärken und Schwächen sowie der externen Chancen und Risiken, um die Machbarkeit und Attraktivität verschiedener FoRs zu beurteilen.

  2. Conjoint-Analyse: Quantitative Methode, bei der Verbraucher verschiedene Kombinationen von Produktmerkmalen bewerten, um ihre Präferenzen und die Wichtigkeit einzelner Attribute zu ermitteln.

  3. Perceptual Mapping: Erstellung visueller Karten, die zeigen, wie Konsumenten verschiedene Marken oder Produkte in Bezug auf bestimmte Attribute wahrnehmen. Dies hilft bei der Identifizierung von Marktlücken und potenziellen Differenzierungsmöglichkeiten.

  4. Customer Lifetime Value (CLV) Analyse: Bewertung des langfristigen Werts verschiedener Kundensegmente, um zu entscheiden, welche FoRs am profitabelsten sein könnten.

  5. Kosten-Nutzen-Analyse: Bewertung der potenziellen Kosten und des potenziellen Nutzens der Umsetzung verschiedener FoRs (sowie der daraus resultierenden Neupositionierung), einschließlich Marketingausgaben, Produktentwicklungskosten und erwarteter Umsatzsteigerungen.


Durch die Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden kann ein Marketingverantwortlicher potenzielle Frames of Reference identifizieren und deren Erfolgsaussichten fundiert bewerten. Dieser mehrstufige Ansatz ermöglicht es, die Positionierung der Marke strategisch zu planen und die Wahrscheinlichkeit des Markterfolgs zu maximieren.

 

Sechs Fragen, die euch helfen, den Frame of Reference eurer Marke zu bestimmen (Abbildung: BrandDoctor).

 
 

9. Die Veränderung des Frame of Reference und damit der Positionierung bietet Chancen, aber birgt auch Risiken:

Die Veränderung des FoR und damit der Positionierung einer Marke oder eines Angebots kann sowohl Chancen als auch Risiken bergen. Hier sind einige der wichtigsten:

(A.) Chancen

  • Neuorientierung und Differenzierung am Markt:

    • Neue Zielgruppen: Über die Veränderung des FoR kann die Marke zusätzliche oder einfach andere, lukrativere Kundensegmente ansprechen, die bisher nicht erreicht wurden.

    • Differenzierung: Eine Veränderung des FoR kann helfen, sich besser von der Konkurrenz abzuheben und attraktivere Points-of-Difference ausloben zu können.

  • Reaktion auf Markttrends und Innovationen:

    • Trendnutzung: Die Anpassung des FoR an aktuelle Markttrends und neue Technologien kann die Relevanz und Attraktivität der Marke erhöhen

    • Innovation: Die Einführung neuer Produkte oder Dienstleistungen und die damit verbundene Ausweitung des FoR kann die Marke modern und innovativ erscheinen lassen.

  • Verbesserung des Markenimages:

    • Modernisierung: Eine Neupositionierung durch Veränderung des FoR kann helfen, ein veraltetes oder negativ besetztes Markenimage zu modernisieren und zu verbessern.

    • Erhöhung der Markenbekanntheit: Durch die Aufmerksamkeit, die eine Neupositionierung mit sich bringt, kann die Markenbekanntheit gesteigert werden.

  • Erhöhung der Rentabilität:

    • Premium-Positionierung: Durch die Veränderung des FoR in ein Premiumsegment kann die Marke höhere Preise rechtfertigen und die Profitabilität steigern.

    • Neue Umsatzquellen: Durch die Erschließung neuer Marktsegmente und Nischen können zusätzliche Einnahmequellen erschlossen werden.


(B.) Risiken

  • Verwirrung und Verlust von Stammkunden: Bestehende Kunden könnten durch die Änderung des FoR verwirrt werden und sich von der Marke abwenden. Stammkunden, die sich mit der alten Positionierung identifiziert haben, könnten zur Konkurrenz abwandern.

  • Kosten und Ressourcen: Die Neupositionierung kann erhebliche Kosten für Marketingkampagnen, Produktentwicklung und Marktforschung verursachen. Interne Ressourcen und Zeit müssen investiert werden, was andere Projekte beeinträchtigen kann.

  • Marktrisiken: Veränderungen im FoR können zu Unsicherheiten im Markt führen, insbesondere wenn die neue Positionierung nicht gut durchdacht oder schlecht umgesetzt wird. Wettbewerber könnten schnell reagieren und Gegenmaßnahmen ergreifen, um ihre Marktposition zu verteidigen.

  • Glaubwürdigkeit und Authentizität: Wenn die neue Positionierung nicht zur bisherigen Markenidentität passt oder als nicht authentisch wahrgenommen wird, kann dies die Glaubwürdigkeit der Marke untergraben. Eine schlecht kommunizierte oder überstürzte Umpositionierung kann negative Reaktionen bei Konsumenten und Medien hervorrufen.


(C.) Strategien zur Risikominimierung

  • Ausführliche Marktforschung: Umfassende Marktforschung durchführen, um die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppe zu verstehen und sicherzustellen, dass die neue Positionierung relevant und attraktiv ist.

  • Inkrementelle Veränderungen: Schrittweise Einführung von Veränderungen, um die Auswirkungen zu beobachten und Anpassungen vorzunehmen, bevor eine vollständige Neupositionierung umgesetzt wird.

  • Transparente Kommunikation: Offene und klare Kommunikation mit den Kunden über die Gründe und Vorteile der Neupositionierung, um Verwirrung und Unsicherheit zu vermeiden.

  • Pilotprojekte und Testmärkte: Nutzung von Pilotprojekten und Testmärkten, um die neue Positionierung zu testen und Feedback zu sammeln, bevor sie auf breiter Basis eingeführt wird.


Die Veränderung des FoR und der Positionierung bietet große Chancen, birgt aber auch Risiken. Ein sorgfältig geplanter und gut durchgeführter Ansatz, der auf fundierter Marktforschung und klarer Kommunikation basiert, kann dazu beitragen, die Chancen zu maximieren und die Risiken zu minimieren.


10. Tipps für vertiefende Fachliteratur:

Die folgenden Fachbücher bieten eine solide Grundlage für ein vertieftes Verständnis des Frame of Reference und der Markenpositionierung.

Abbildungen: Amazon


»Positioning: The Battle for Your Mind« von Al Ries und Jack Trout
Ein Klassiker im Bereich der Markenpositionierung. Das Buch bietet tiefgehende Einblicke in die Konzepte und Strategien der Positionierung und ist ein Muss für jeden Marketingprofi.

»Marketing Management« von Philip Kotler und Kevin Lane Keller
Ein umfassendes Lehrbuch, das alle Aspekte des Marketings abdeckt, einschließlich Marktforschung, Konsumentenanalyse und strategische Planung. Ein hervorragendes Nachschlagewerk für Marketingverantwortliche.

»The New Strategic Brand Management: Advanced Insights and Strategic Thinking« von Jean-Noël Kapferer
Dieses Buch bietet fortgeschrittene Einblicke in das strategische Markenmanagement und behandelt aktuelle Trends und Herausforderungen im Branding.

»Building Strong Brands« von David A. Aaker
Aaker ist ein weiterer Pionier im Bereich des Markenmanagements. Dieses Buch bietet tiefe Einblicke in den Aufbau und die Pflege starker Marken.

»Blue Ocean Strategy: How to Create Uncontested Market Space and Make the Competition Irrelevant« von W. Chan Kim und Renée Mauborgne
Dieses Buch bietet Strategien, wie man neue Marktbereiche erschließen und sich von der Konkurrenz abheben kann, was direkt mit der Definition eines neuen Frame of Reference zusammenhängt.




Mehr zum Thema Positionierung lest ihr in folgenden Artikeln hier im Blog:

»Warum euch Positionierung automatisch zu besseren Entscheidungen leitet?«

»Positioning: Wie Marken selbst in übersättigten Märkten profitabel wachsen.«

»Wie formuliert ihr das einzigartige Nutzenversprechen für euer Angebot?«

»Die Marke dehnt sich, bis sie reißt.«


Der BrandDoctor hilft bei wichtigen Markenentscheidungen mit Tragweite.
Als BrandDoctor helfe ich Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen dabei, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. Mit innovativen Tools unterstütze ich sie, das wichtige strategische Fundament dafür zu legen, mit ihren Marken nachhaltig erfolgreich am Markt zu agieren.

Über den Autor: Andreas Wiehrdt entwickelt und revitalisiert Marken seit über 20 Jahren. Allein, als Markenstrategieberater oder im Team mit erfahrenen Spezialisten aus seinem Kompetenznetzwerk.


Wie ich’s mit dem Gendern halte:

Im Interesse einer besseren Lesbarkeit und aus Respekt vor unserer schönen deutschen Sprache habe ich mich dazu entschlossen, in der Regel das generische Maskulinum verwendet. Die Texte beziehen sich aber immer auf Angehörige aller Geschlechter.

Andreas Wiehrdt

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