Konkurrenz belebt das Geschäft: Ob sich Markenrivalitäten auszahlen?

Autor: Andreas Wiehrdt
München, den15.05.2024
Titelbild: DALL-E

Hat es euch nicht auch schon mal in den Fingen gejuckt, eurem größten Mitbewerber mal so richtig einen einzuschenken? Vielleicht sogar, weil er gerade eine böse Schlappe hinnehmen musste? Eure Fans würden das bestimmt feiern. Aber ist ein solch gemeines Verhalten überhaupt vereinbar mit euren Werten, der Persönlichkeit eurer Marke? Und hat man nicht gelesen, dass sich in Konflikten die Mehrheit eher auf die Seite des Schwächeren schlägt?

Konkurrenz belebt das Geschäft, wie der Volksmund weiß, aber soll man sich in der Kommunikation nicht eher auf die eigenen Stärken fokussieren, als die Schwächen der Mitbewerber zu thematisieren?

Eine relativ neue Studie versucht hier eine Antwort zu geben und die Ergebnisse haben mich wirklich überrascht.


1. Was ihr von diesem Beitrag erwarten dürft:

In diesem Beitrag soll es darum gehen, herauszufinden, ob und unter welchen Umständen es Sinn machen kann, eine Rivalität zwischen im Wettbewerb stehenden Marken (zumindest temporär) offen auszutragen. Ich versuche aufzuzeigen, was die Chancen, aber auch was die Risiken des Mitbewerber-Bashings sind. Und ich werde euch natürlich auch die wichtigsten Ergebnisse der besagten Studie nicht vorenthalten. So könnt ihr eine informierte Entscheidung darüber treffen, ob es sich für eure Marke lohnen kann, die Bandagen anzuziehen und eurem Mitbewerber gehörig einen auf die Zehn zu geben.

Konkret erwarten euch hier:

  1. Grundlegende Einblicke in das Phänomen der Markenrivalität: Ich erörtere die Geschichte und des Wesens von Markenrivalität, illustriert durch bekannte Beispiele wie Apple vs. Samsung und Coca-Cola vs. Pepsi.

  2. Analyse der Chancen und Risiken: Wir diskutieren, wie direkte kommunikative Angriffe die Sichtbarkeit einer Marke erhöhen können, aber auch potenziell das Markenimage schädigen und zu rechtlichen Problemen führen können.

  3. Ergebnisse einer einschlägigen Studie: Ich präsentiere die wichtigsten Ergebnisse einer Studie, die sich mit den Auswirkungen solcher Marketingstrategien beschäftigt. Diese Daten sollen dem Leser helfen, fundierte Entscheidungen über den Einsatz solcher Taktiken zu treffen.

  4. Praktische Beispiele und Fallstudien: Anhand von Fallstudien zu Konflikten zwischen großen Marken werde ich konkrete Situationen und Kampagnen analysieren, um zu zeigen, wie Unternehmen Rivalitäten in der Vergangenheit genutzt haben.

  5. Leitfaden für Markenmanager: Ziel dieses Beitrags ist es, Marketingleitern und Markenmanagern wie euch praktische Ratschläge zum Umgang mit Markenrivalität zu geben, einschließlich der Frage, wann und wie es angebracht sein könnte, den Konkurrenten direkt anzugreifen.

Insgesamt soll mein Beitrag einen umfassenden Überblick über das Thema geben und sowohl theoretische als auch praktische Aspekte abdecken, um euch ein tiefes Verständnis der Komplexität und Dynamik von Markenrivalität zu vermitteln.

Inhalt:

  1. Was ihr von diesem Beitrag erwarten dürft

  2. Einleitung

  3. Fallbeispiele für offen ausgetragene Rivalitäten zwischen Marken

  4. Das sind die Chancen, die in einer aggressiven, auf den Wettbewerber fokussierten Strategie stecken

  5. Das sind die Risiken, die Marken eingehen, die ihre direkten Mitbewerber kommunikativ angreifen

  6. Unter welchen Umständen eine kommunikativ geführte Markenrivalität durchaus Sinn machen kann

  7. Und das sagt uns die Studie zum Rivalry Reference Effect

  8. Schlussfolgerungen und Key Learnings

  9. Zusätzliche Ressourcen und weiterführende Literatur


Hallo, ich bin der BrandDoctor und helfe Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. In diesem Blog für Markenverantwortliche und -entscheider schreibe ich regelmäßig über interessante Themen rund um Marke und Markenstrategie.


2. Einleitung

Markenrivalität ist ein Phänomen, das so alt ist wie der Markt selbst. Von den klassischen Duellen zwischen Coca-Cola und Pepsi bis hin zu den modernen Technologiekämpfen zwischen Apple und Samsung - Marken kämpfen um Marktanteile, Kundenloyalität und Branchenführerschaft. Doch was passiert, wenn Marken über traditionelle Wettbewerbspraktiken hinausgehen und zu direkten, aggressiven kommunikativen Angriffen auf ihre Konkurrenten greifen?

Direkte kommunikative Angriffe können von bissigen Werbeslogans bis hin zu öffentlichen Äußerungen reichen, die darauf abzielen, das Image des Konkurrenten zu schwächen oder infrage zu stellen. Solche Strategien können kurzfristig Aufmerksamkeit und Gesprächsstoff generieren, bergen aber auch erhebliche Risiken. Die öffentliche Diffamierung eines Konkurrenten ist nicht nur ein scharfes Schwert in der Werbewelt, sondern auch ein zweischneidiges. Während sie es einer Marke ermöglichen kann, sich deutlich vom Konkurrenten abzuheben und die eigene Fangemeinde zu mobilisieren, kann sie auch zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen, das eigene Image beschädigen und die Wahrnehmung der Konsumenten negativ beeinflussen.

In diesem Blogbeitrag untersuchen wir, wie Marken in der Vergangenheit solche Strategien eingesetzt haben, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirksamkeit und Risiken dieser Ansätze vorliegen und wie Fans und Kunden typischerweise auf solche Konflikte reagieren. Die Balance zwischen aggressivem Branding und der Aufrechterhaltung eines positiven Images zu finden, kann eine Herausforderung sein, aber die Erkenntnisse aus erfolgreichen und weniger erfolgreichen Kampagnen können hier wertvolle Lehren liefern.

3. Fallbeispiele für offen ausgetragene Rivalitäten zwischen Marken:

Die Rivalitäten zwischen Apple und Samsung, Coca-Cola und Pepsi sowie Burger King und McDonald's sind einige der bekanntesten Beispiele für Markenkonflikte in der Geschichte. Aus jedem dieser Konflikte können Markenmanager wertvolle Lehren für den Umgang mit Wettbewerb, Markenpositionierung und Kundenbindung ziehen.

  1. Apple vs. Samsung

    • Konfliktbeschreibung: Diese Rivalität ist besonders im Bereich Smartphones besonders ausgeprägt. Apple und Samsung bekämpften sich nicht nur auf dem Markt, sondern auch in zahlreichen Gerichtssälen weltweit, wobei es häufig um Patentrechte und Designklagen ging.

    • »Get a Mac«-Kampagne (Apple): Eine der bekanntesten Kampagnen von Apple war die »Get a Mac«-Serie, die von 2006 bis 2009 lief. In diesen Werbespots wurden zwei Charaktere dargestellt – ein entspannter, lässiger Mann, der einen Mac repräsentierte, und ein steifer, unbeholfener Mann als PC (oft als Anspielung auf Microsoft, aber auch relevant im Kontext der allgemeinen Wettbewerbshaltung von Apple gegenüber anderen Technologieunternehmen). Die 15 lustigsten Spots dieser Kampagne könnt ihr hier auf Youtube sehen. Den gesamten zweiteiligen Rückblick des »Get a Mac«-Teams könnt ihr bei hier im Fachmagazin Campaign nachlesen.

    • "Next Big Thing" Kampagne (Samsung): Samsung reagierte auf Apples Popularität mit der »Next Big Thing«-Kampagne, die direkt darauf abzielte, die iPhone-Nutzer zu verspotten. Die Kampagne begann 2011 und zeigte iPhone-Nutzer, die in langen Schlangen standen und auf das neue iPhone warteten, während andere bereits fortschrittlichere Samsung-Smartphones nutzten. Apples Anwälte forderten angeblich 2 Milliarden Dollar Schadenersatz und Apples Marketingchef Phil Schiller soll völlig durchgedreht sein, anlässlich der hämischen Kommentare der Presse zur Samsung-Kampagne. Hier klicken zum Spot.

  2. Coca-Cola vs. Pepsi

    • Beschreibung des Konflikts: Die beiden Getränkegiganten stehen seit mehr als einem Jahrhundert in Konkurrenz zueinander. Die Rivalität erreichte ihren Höhepunkt in den »Cola Wars« der 1980er-Jahre, als beide Unternehmen aggressive Marketingkampagnen durchführten, die sich direkt gegeneinander richteten.

    • »Pepsi Challenge« (Pepsi): Pepsi führte in den 1970er-Jahren die »Pepsi Challenge« ein, eine Blindverkostungskampagne, bei der Passanten aufgefordert wurden, Coca-Cola und Pepsi zu vergleichen, ohne zu wissen, welches Getränk sie probierten. Die Kampagne behauptete, dass die meisten Menschen Pepsi bevorzugten, und forderte damit Coca-Colas Vormachtstellung heraus. Hier klicken für einen exemplarischen Spot.

    • »Always Coca Cola« (Coca-Cola): Ein spezielles Beispiel für eine Reaktion von Coca-Cola auf Pepsi's ständige Sticheleien war eine Kampagne, die den Slogan »Always Coca-Cola« nutzte, der in den 1990er Jahren eingeführt wurde. Diese Kampagne war nicht direkt aggressiv gegen Pepsi gerichtet, sondern zielte darauf ab, das Image von Coca-Cola als das authentische, originale und zeitlose Cola-Getränk zu stärken. Durch die Betonung dieser Attribute versuchte Coca-Cola, die Vorstellung zu vermitteln, dass Coca-Cola die bevorzugte Wahl über Trends hinaus ist, was indirekt gegen Pepsi's Image als das Getränk für die jüngere, »hippere« Generation gerichtet war. Diese Art der Reaktion ist ein Beispiel dafür, wie Coca-Cola auf den Wettbewerb mit Pepsi reagierte, indem es seine eigene Markenstärke und Tradition betonte, anstatt direkt auf die Herausforderungen von Pepsi einzugehen. Hier geht’s zu einem Commercial aus der Zeit.

  3. Burger King vs. McDonald's vs. Wendy’s

    • »Whopper Detour« (Burger King): Eine der kreativsten Kampagnen von Burger King war die »Whopper Detour«-Kampagne von 2018, bei der Kunden aufgefordert wurden, die Burger King-App zu öffnen, während sie sich in der Nähe eines McDonald's befanden, um einen Whopper für nur 1 Cent zu bekommen. Hier klicken für das Erklärvideo.

    • »Where’s The Beef?« (Wendy): »Where's the Beef?« war eine populäre Werbekampagne von Wendy's, einem damals wichtigen Wettbewerber von Burger King und McDonald’s. Die Kampagne wurde 1984 ins Leben gerufen und zeigte eine ältere Frau namens Clara Peller, die in einem Fernsehspot auftrat und die berühmte Frage »Where's the beef?« (Wo ist das Rindfleisch?) in Bezug auf die Größe der Hamburger-Pattys in den Burgern der Konkurrenz stellte. Die Botschaft der Kampagne war einfach: Die Burger von Wendy's waren größer und besser als die der Konkurrenz. Der Slogan »Where's the beef?« wurde schnell zu einem beliebten Schlagwort und wurde in einer Vielzahl von Kontexten verwendet, von politischen Kampagnen bis hin zu Sportveranstaltungen. Noch heute gilt die »Where's the Beef?«-Kampagne als eine der erfolgreichsten Werbekampagnen aller Zeiten. Hier klicken für den TV-Spot.

      Diese Kampagnen sind Beispiele dafür, wie Unternehmen ihre Rivalität auf kreative und oft herausfordernde Weise nutzen, um Marktanteile zu gewinnen und das Engagement der Verbraucher zu steigern. Sie zeigen auch, wie wichtig es ist, dass Marken ihre Kampagnen sorgfältig planen und durchführen, um ihre gewünschten Ziele zu erreichen und gleichzeitig potenzielle Risiken zu vermeiden.



4. Welche Chancen in einer aggressiven, auf den Wettbewerber fokussierten Strategie stecken:

Eine Strategie, die darauf abzielt, wichtige Konkurrenten direkt und oft öffentlich anzugreifen, kann sowohl mit aggressiven als auch mit humorvollen Taktiken umgesetzt werden. Beide Ansätze bieten spezifische Chancen, bergen aber auch Risiken. Im Folgenden werden die wichtigsten Chancen einer solchen Strategie dargestellt:

  1. Erhöhung von Engagement und Sichtbarkeit: Direkte Auseinandersetzungen mit Konkurrenten, insbesondere wenn sie kreativ oder humorvoll gestaltet sind, können das Interesse und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erhöhen. Dies kann zu einer erhöhten Sichtbarkeit in den Medien und auf sozialen Plattformen führen, was wiederum das Engagement der Konsumenten fördert.

  2. Differenzierung von der Konkurrenz: Durch die direkte Ansprache von Wettbewerbern kann sich eine Marke deutlich von diesen abheben. Dies kann besonders effektiv sein, wenn die Marke eine einzigartige Positionierung oder ein Alleinstellungsmerkmal hervorheben möchte, das in direktem Gegensatz zum Wettbewerber steht (Siehe oben »Where’s The Beef?«).

  3. Mobilisierung und Stärkung der Markentreue: Direkte Angriffe oder humorvolle Sticheleien können die Loyalität bestehender Kunden stärken, indem sie das »Wir gegen die«-Gefühl fördern. Markenfans fühlen sich oft persönlich angesprochen und verteidigen ihre Lieblingsmarke gegen die Konkurrenz.

  4. Gesprächsstoff und Viralität erzeugen: Humorvolle oder überraschende Kampagnen, die Wettbewerber direkt angreifen, haben oft das Potenzial, viral zu gehen. Dies kann zu einer exponentiellen Steigerung der Reichweite führen, ohne dass entsprechend hohe Marketingausgaben erforderlich sind.

  5. Erschließung neuer Kundensegmente: Durch die öffentliche Anfechtung von Wettbewerbern kann eine Marke das Interesse von Konsumenten wecken, die bisher keine starke Präferenz für diese Marke hatten. Dies bietet die Chance, neue Kundensegmente anzusprechen und zu erschließen.

  6. Förderung des Wettbewerbsgedankens im Unternehmen: Eine klar definierte Wettbewerbsstrategie gegenüber direkten Konkurrenten kann den Wettbewerbsgeist innerhalb des Unternehmens fördern. Dies kann zu mehr Kreativität und Innovation führen, da Teams motiviert werden, bessere Produkte und Marketingstrategien zu entwickeln.

  7. Konflikte positiv nutzen: Konflikte werden oft als negativ wahrgenommen, können aber in der Marketingkommunikation konstruktiv genutzt werden, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen und die Diskussion über die Marke und ihre Produkte zu fördern.

Diese Chancen müssen jedoch sorgfältig gegen mögliche Risiken abgewogen werden, wie z.B. mögliche rechtliche Probleme, negative Wahrnehmung durch aggressive Taktiken oder die Gefahr von Gegenangriffen durch Wettbewerber, die dem eigenen Markenimage schaden können.


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5. Das sind die Risiken, die Marken eingehen, die ihre direkten Mitbewerber kommunikativ angreifen:

Direkte Angriffe auf Konkurrenten, ob aggressiv oder humorvoll, können eine wirksame Strategie sein, um Aufmerksamkeit zu erregen und sich von der Konkurrenz abzuheben, bergen aber auch erhebliche Risiken. Im Folgenden sind einige der Hauptrisiken aufgeführt, die ihr bei einer solchen Strategie berücksichtigen solltet:

  1. Negative Auswirkungen auf das eigene Markenimage: Aggressive oder sarkastische Angriffe können das Image der eigenen Marke beschädigen, insbesondere wenn sie als unfair oder unprofessionell empfunden werden. Da geht der Schuss nach hinten los. Dies kann sich nämlich langfristig negativ auf die Markenwahrnehmung auswirken.

  2. Rechtliche Konsequenzen: Die öffentliche Diffamierung oder irreführende Darstellung von Wettbewerbern kann zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Dies kann teuer werden, dem öffentlichen Image schaden und die Ressourcen des Unternehmens belasten.

  3. Polarisierung der Zielgruppe: Während einige Kunden einen aggressiven oder humorvollen Ansatz schätzen, könnten andere davon abgeschreckt werden, zum Beispiel, weil es gegen ihre Werte verstößt oder weil es das bisher positive Bild eurer Marke erschüttert. Dies kann zu einer Polarisierung der Kunden führen und potenzielle Neukunden abschrecken.

  4. Provokation von Gegenangriffen: Wer Wettbewerber direkt angreift und reizt, riskiert, dass diese mit eigenen Kampagnen »zurückschießen«. Kampagnen, die auch dem eigenen Unternehmen schaden können. Solche »Marketingschlachten« können eskalieren und beide Seiten Ressourcen kosten, die anderweitig besser eingesetzt werden könnten.

  5. Ablenkung von den eigenen Stärken: Eine zu starke Fokussierung auf den Wettbewerb kann dazu führen, dass eine Marke den Hinweis auf ihre eigenen Stärken und Kernbotschaften in der Kommunikation vernachlässigt. Das Marketing sollte in erster Linie darauf abzielen, die eigenen Vorteile und Werte hervorzuheben, anstatt sich auf die Schwächen der Konkurrenz zu konzentrieren.

  6. Risiko der Fehlinterpretation: Humor ist subjektiv und kann leicht missverstanden werden. Was für die einen humorvoll ist, kann von anderen als beleidigend oder unangemessen empfunden werden. Dies kann besonders auf internationalen Märkten relevant sein, wo kulturelle Unterschiede die Wahrnehmung beeinflussen.

  7. Erosion des Kundenvertrauens: Aggressive Marketingtaktiken können das Vertrauen der Kunden in die Marke untergraben, insbesondere wenn sie als manipulativ oder unethisch wahrgenommen werden. Der Aufbau von Vertrauen dauert Jahre, kann aber durch unüberlegte Kampagnen schnell zerstört werden.

Diese Risiken müssen sorgfältig gegen den möglichen Nutzen abgewogen werden. Eine Strategie, die auf den Stärken der eigenen Marke aufbaut und einen positiven, wertschätzenden Umgang mit den Mitbewerbern pflegt, ist oft vorteilhafter, um langfristig erfolgreich zu sein.

Auf diesem Cheat Sheet habe ich alle Chancen und Risiken von Marken-rivalisierender Kommunikation kompakt zusammengefasst, um euch eine Entscheidungshilfe zu geben (Abbildung: BrandDoctor).

 


6. Unter welchen Umständen eine kommunikativ geführte Markenrivalität durchaus Sinn machen kann:

Der direkte kommunikative Angriff auf einen Wettbewerber, ob aggressiv oder humorvoll, kann unter bestimmten Umständen aber durchaus sinnvoll sein. Diese Entscheidung hängt von mehreren Faktoren ab, einschließlich der Dynamik der Branche, dem Mut des Unternehmens, der Zielgruppe, der Markenidentität und der Wahl des Medienkanals. Hier sind einige Umstände, unter denen eine solche Strategie erfolgreich sein kann, sowie Überlegungen zu den am besten geeigneten Medienkanälen:

(A) Geeignete Umstände

  • Persönlichkeit und Positionierung der Marke: Wenn eine Marke eine spielerische oder freche Persönlichkeit hat (z.B. Taco Bell oder Old Spice), können humorvolle Sticheleien angemessen und wirksam sein. Dies muss jedoch im Einklang mit der gesamten Markenstrategie stehen.

  • Reife und gesättigte Märkte: In Märkten, in denen Produkteigenschaften und Dienstleistungen weitgehend austauschbar sind, kann kreative und direktes Aufs-Korn-Nehmen der Mitbewerber helfen, Aufmerksamkeit zu erregen und die Marke von der Konkurrenz abzuheben.

  • Klar definierte Zielgruppen mit hoher Markenloyalität: Hat eine Marke eine sehr loyale Anhängerschaft, kann die direkte Auseinandersetzung mit einem Wettbewerber die Bindung zur Zielgruppe stärken und ein »Wir gegen die«-Gefühl fördern.

  • Zurückschlagen: In Situationen, in denen eine Marke direkt von einem Wettbewerber angegriffen wird, kann eine überlegte und gezielte Reaktion helfen, die eigene Position zu verteidigen und die öffentliche Wahrnehmung zu steuern.

(B) Geeignete Medienkanäle

Einige Medienkanäle eignen sich auch aufgrund ihrer besseren Zielgruppensegmentierungsmöglichkeit besser als andere für ein aggressives Vorgehen gegen einen Mitbewerber:

  • Soziale Medien: Plattformen wie X, Instagram und TikTok eignen sich besonders für schnelle, witzige Reaktionen, die viral gehen können. Soziale Medien ermöglichen eine direkte und unmittelbare Kommunikation mit dem Publikum und eignen sich daher gut für humorvolle Auseinandersetzungen.

  • Online-Werbung: Mit gezielten Online-Kampagnen können bestimmte demografische Gruppen oder Fans von Mitbewerbern direkt angesprochen werden. Die Möglichkeiten der Segmentierung und Personalisierung sind hier besonders wertvoll.

  • Event-Marketing: Bei Events mit spielerischem Charakter (z.B. Sportveranstaltungen oder Messen) kann ein humorvoller oder herausfordernder Umgang mit Wettbewerbern das Engagement und die Aufmerksamkeit des Publikums erhöhen.

  • Öffentlichkeitsarbeit (PR): Gut platzierte PR-Kampagnen können genutzt werden, um eine Geschichte oder einen humorvollen Angriff auf einen Konkurrenten zu verbreiten, insbesondere wenn diese mit aktuellen Ereignissen oder Trends verbunden sind.

In jedem Fall ist es wichtig, dass die gewählten Taktiken und Kanäle nicht nur zur Markenidentität passen, sondern auch ethische Überlegungen und potenzielle Risiken berücksichtigen. Eine gründliche Analyse der Zielgruppe und des Marktes sowie eine sorgfältige Planung und Durchführung sind entscheidend, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen und negative Auswirkungen zu vermeiden.




7. Und das sagt uns die Studie zum Rivalry Reference Effect:

Die Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes Berendt an der Universität Hannover hat einige interessante Erkenntnisse zum Thema Markenkonkurrenz und deren kommunikative Auswirkungen erbracht. Die wichtigsten Punkte habe ich für euch hier zusammengefasst:

  1. Positive Effekte von Rivalität: Die Studie zeigt, dass Markenrivalität positive Effekte für die beteiligten Unternehmen haben kann. Beispiele wie die Rivalität zwischen McDonald's und Burger King oder Coke und Pepsi zeigen, dass solche Konflikte wirtschaftlich vorteilhaft sein können.

  2. Engagement durch Rivalität: Es wurde festgestellt, dass Social-Media-Posts, die Rivalen erwähnen oder sich auf sie beziehen, signifikant mehr Engagement erzeugen als Posts, die sich nicht mit Mitbewerbern auseinandersetzen. Diese Dynamik involviert das Publikum an und erhöht die Interaktion.

  3. Rivalry Reference Effect: Dieser Effekt beschreibt, wie Nachrichten zwischen echten Rivalen anders verarbeitet werden als Kommunikation zwischen normalen Wettbewerbern. Die Studie unterstreicht, dass Botschaften, die im Kontext von Rivalität gesendet werden, eine tiefere und oft emotionale Resonanz bei den Konsumenten hervorrufen.

  4. Negative Erwähnungen sind wirksam, aber riskant: Obwohl vergleichende Werbung, die Wettbewerber negativ darstellt, allgemein als riskant gilt, scheinen für Rivalität andere Regeln zu gelten. Der Rivalry Reference Effect wird verstärkt, wenn der Rivale negativ adressiert wird, was die Aufmerksamkeit und das Involvement der Konsumenten erhöht.

  5. Effekt auch bei neutralen Konsumenten: Interessanterweise tritt der Rivalry Reference Effect offensichtlich nicht nur bei loyalen Anhängern einer Marke auf, sondern auch bei neutralen Konsumenten, die keine besondere Markenpräferenz haben. Dies erweitert die potentielle Zielgruppe für markenrivalisierende Kommunikation erheblich.


8. Schlussfolgerungen und Key Learnings

(A) Schlussfolgerungen

  • Chancen und Risiken sorgfältig abwägen: Marken müssen die potenziellen Vorteile eines direkten Angriffs auf Konkurrenten gegen die möglichen Risiken abwägen. Während solche Strategien das Engagement und die Sichtbarkeit erhöhen können, besteht auch die Gefahr negativer Auswirkungen auf das eigene Markenimage und rechtlicher Konsequenzen.

  • Markenwerte und Markenpersönlichkeit berücksichtigen: Nicht jede Marke eignet sich für aggressive oder humorvolle Angriffe auf Wettbewerber. Die Entscheidung darüber sollte auf einer gründlichen Kenntnis der eigenen Markenwerte und der Markenpersönlichkeit sowie deren Wahrnehmung durch die Zielgruppe basieren.

  • Einfluss auf die Verbraucherwahrnehmung: Die Reaktion der Verbraucher auf aggressive Markenrivalität kann unterschiedlich ausfallen. Während einige Verbraucher solche Rivalitäten genießen, können andere sie als abstoßend empfinden. Es ist wichtig, zu verstehen, wie verschiedene Segmente der Zielgruppe wahrscheinlich reagieren werden.

(B) Wichtige Erkenntnisse

  • Nutzung von Rivalität zur Steigerung des Engagements: Konflikte und Rivalitäten können, wenn sie geschickt gemanagt werden, das Engagement und die Interaktion in sozialen Medien deutlich steigern. Dies erfordert einen kreativen Ansatz und die Fähigkeit, die Dynamik zwischen Marken spielerisch zu nutzen.

  • Die richtigen Kommunikationskanäle wählen: Bestimmte Medien und Plattformen eignen sich besser für rivalisierende Markenkommunikation. Soziale Medien bieten eine unmittelbare Plattform für schnelle und oft humorvolle Interaktionen, während traditionelle Medien für subtilere Botschaften genutzt werden sollten.

  • Rivalry Reference Effect: Eine interessante wissenschaftliche Erkenntnis ist der sogenannte Rivalry Reference Effect, der beschreibt, dass Botschaften zwischen offensichtlichen Rivalen von Konsumenten anders verarbeitet werden und eine stärkere emotionale Resonanz hervorrufen können.

  • Mobilisierung sowohl loyaler als auch neutraler Konsumenten: Die Forschung zeigt, dass sowohl loyale als auch neutrale Konsumenten positiv auf Markenrivalität reagieren können, was die potenzielle Reichweite und Effektivität dieser Strategie erhöht.

  • Ethische Überlegungen und langfristige Auswirkungen: Es ist wichtig, ethische Überlegungen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und sich der langfristigen Auswirkungen negativer Kampagnen auf die Marke bewusst zu sein.

Zusammenfassend zeigt der Beitrag, dass das direkte Anfechten von Wettbewerbern sowohl eine Chance als auch ein Risiko darstellen kann. Die Entscheidung für eine solche Strategie sollte strategisch unter Berücksichtigung der Markenidentität und des Zielmarktes sowie ethischer Aspekte getroffen werden.

9. Zusätzliche Ressourcen und weiterführende Literatur

Natürlich, es gibt mehrere empfehlenswerte Fachbücher, die sich mit Markenrivalität, Marketingstrategien und der Bedeutung der Markenpositionierung im Wettbewerb beschäftigen. Hier sind einige Bücher, die wertvolle Einsichten und Analysen zu diesen Themen bieten:

Abbildungen: Amazon

  1. »Brand Warfare: 10 Rules for Building the Killer Brand« von David F. D'Alessandro
    Dieses Buch bietet einen praktischen Leitfaden für das Markenmanagement und zeigt auf, wie man eine Marke aufbaut, die in der Lage ist, sich im Konkurrenzkampf durchzusetzen. Es ist besonders nützlich für Verständnis der Strategien, die Marken anwenden können, um im Wettbewerb zu bestehen.

  2. »Eating the Big Fish: How Challenger Brands Can Compete Against Brand Leaders« von Adam Morgan
    Adam Morgan erklärt, wie kleinere Marken gegen große Marktführer antreten können. Das Buch ist besonders relevant für das Verständnis von Markenrivalitäten, in denen ein klarer Marktführer und Herausforderer existieren.

  3. »The 22 Immutable Laws of Marketing: Violate Them at Your Own Risk!« von Al Ries und Jack Trout
    Dieses klassische Marketingbuch bietet grundlegende Regeln für effektives Marketing und kann dabei helfen zu verstehen, wie Marken erfolgreich gegeneinander positioniert werden können.

  4. »Differentiate or Die: Survival in Our Era of Killer Competition«: Survival in Our Era of Killer Competition von Jack Trout
    Trout diskutiert verschiedene Strategien, mit denen Unternehmen sich in überfüllten Märkten abheben können. Das Buch ist sehr hilfreich für das Verständnis der Bedeutung der Differenzierung in der heutigen wettbewerbsintensiven Geschäftswelt.

  5. »Co-Opetition« von Adam M. Brandenburger und Barry J. Nalebuff
    Dieses Buch bietet einen innovativen Blick auf Wettbewerb und Kooperation (Co-Opetition), indem es Konzepte aus der Spieltheorie nutzt, um Geschäftsstrategien zu entwickeln. Es ist besonders nützlich, um die komplexen Interaktionen zwischen konkurrierenden Marken zu verstehen.

Diese Bücher bieten eine Kombination aus theoretischen Einsichten und praktischen Anleitungen, die für jeden Markenverantwortlichen wertvoll sind, der die Dynamik von Markenrivalitäten verstehen und effektiv navigieren möchte.


Der BrandDoctor hilft bei wichtigen Markenentscheidungen mit Tragweite.
Als BrandDoctor helfe ich Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen dabei, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. Mit innovativen Tools unterstütze ich sie, das wichtige strategische Fundament dafür zu legen, mit ihren Marken nachhaltig erfolgreich am Markt zu agieren.

Über den Autor: Andreas Wiehrdt entwickelt und revitalisiert Marken seit über 20 Jahren. Allein, als Markenstrategieberater oder im Team mit erfahrenen Spezialisten aus seinem Kompetenznetzwerk.


Wie ich’s mit dem Gendern halte:

Im Interesse einer besseren Lesbarkeit und aus Respekt vor unserer schönen deutschen Sprache habe ich mich dazu entschlossen, in der Regel das generische Maskulinum verwendet. Die Texte beziehen sich aber immer auf Angehörige aller Geschlechter.

Andreas Wiehrdt

Hallo!
Hier schreibe und sammele ich als BrandDoctor Interessantes, Neues und Hilfreiches zu meinen Themen Markenstrategie und -Design.


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