Mit einer Ingredient-Brand-Strategie vom Lieferanten zum begehrten Partner.
Mit einer Ingredient-Brand-Strategie vom Lieferanten zum begehrten Partner.
München, den 30.09.2021
Titelbild:
Autor: Andreas Wiehrdt
Dass Verbraucher bereit sind, mehr für ein Markenprodukt zu bezahlen, ist ein bekanntes Phänomen in der Business-to-Consumer (B2C)-Welt. Ob es sich um langlebige Qualität, hervorragende Verarbeitung oder einfach nur um ein Statussymbol handelt, Marken wie Mercedes-Benz, Chanel und Apple verlangen Spitzenpreise, denn sie genießen einen exklusiven Ruf für ihre Produkte.
Die Vorteile einer starken und attraktiven Marke sind bei Konsumgütern längst selbstverständlich. Aber es gibt auch starke, bekannte Marken, die der Endkunde eigentlich gar nicht direkt kaufen und nutzen kann. Um beispielsweise von der Dolby-Surround-Technologie profitieren zu können, muss der Endkunde sich für eine Soundanlage von beispielsweise Sony entscheiden. Und die besonders griffige Vibram-Sohle gibt es nur zusammen mit einem Trekkingschuh von beispielsweise Salewa. Eine antihaft-beschichtetet Teflon-Pfanne gibt es nicht von Dupont, sondern von bekannten Pfannenherstellern wie Tefal oder Schulte-Ufer.
Wenn es intelligent umgesetzt wird, kann das Branding von Zutaten (Ingredient Branding) eine Win-Win-Situation für die Hersteller der Zutaten und die der Endprodukte gleichzeitig sein.
In diesem Beitrag möchte ich erklären, wie Ingredient Brands vielleicht auch eurer Marke dabei helfen können, schneller erfolgreicher zu wachsen und ich möchte Chancen aufzeigen, möglicherweise selbst eine Ingredient Brand aufzubauen und so präferierter OEM-Partner großer Marken zu werden.
Die Marke in der Marke. Was ist eine Ingredient Brand?
Unter einer Ingredient Brand (Ingredient = Zutat, Brand = Marke) verstehen wir Marken, die i. d. R. nicht einzeln erworben werden können, sondern vielmehr als integrativer Bestandteil eines anderen Markenprodukts dieses Produkt qualitativ aufwerten.
Bekannte Beispiele für Ingredient Brands sind:
Intel Inside für Prozessoren und Chipsätze in Computern verschiedener Hersteller,
NutraSweet und Canderel, Markennamen für den Süßstoff Aspartam in der Lebensmittelindustrie (zum Beispiel Coca Cola light),
Teflon als Anti-Haft-Beschichtung für Pfannen und Kochtöpfe,
GoreTex als atmungsaktive, aber wasserabweisende Membran für Outdoorbekleidung.
Wie kann eine Ingredient Brand helfen, meine Marke zu stärken und meine Produkte und Services begehrlicher zu machen?
Ein Produkt ist letztlich immer nur so gut wie die Summe seiner Zutaten. Ein auf Qualität bedachter Hersteller wird immer darauf achten, nur die besten Komponenten in seinen Produkten zu verbauen. Nur leider kann er das seinen Endkunden oft nur schwer oder langwierig vermitteln. Und hier kommt die Ingredient Brand ins Spiel. Mit ihrer Hilfe kann ein Hersteller seinen Kunden kommunizieren, dass er hochwertige Komponenten in seinem Produkt verarbeitet. Für viele gelten die wasserabweisenden und gleichzeitig atmungsaktiven Membranen von GORE-TEX zum Goldstandard für höchste Performance. Die Marke GORE-TEX ist bei weiten Teilen der outdoor-begeisterten Endkunden bekannt und beliebt. Viele von ihnen würden eine Outdoor-Jacke mit dem auffälligen GORE-TEX-Anhänger einer anderen ohne das begehrte Label jederzeit vorziehen. Mit der Ingredient Brand Sympatex hat Gore allerdings einen ernst zu nehmenden Wettbewerber als Erstausrüster für Nässesperrmembrane, wie diese Wunderstoffe offiziell heißen.
Ingredient Brands mit hoher Markenbekanntheit wie GORE-TEX können sogar noch weitgehend unbekannten Outdoor-Marken durch Imagetransfer dabei helfen, trotzdem Produkte zu verkaufen und dabei selbst Bekanntheit aufzubauen.
Im Idealfall produziert Ingredient Branding immer eine Win-Win-Situation für beide Partner, die sich durch ihre Qualitätsführer-Wahrnehmnung gegenseitig stützen und ihre Reichweiten in der Konsumentenschaft ergänzen.
Wie funktionieren Ingredient Brands? (Abbildung: BrandDoctor).
Wann und wie baue ich selbst eine Ingredient Brand auf?
Die große Mehrheit der Zulieferunternehmen (Auch OEM, Original Equipment Manufacturer oder Erstausrüster genannt) hat keine Möglichkeit, den wahren Beitrag, den Sie für den Wert und Nutzen des Endprodukts leisten, angemessen zu vermitteln. Häufig sind Sie an Ihre Rolle als anonyme Lieferanten gebunden. Ihr Wert und Ihr Beitrag zum Endprodukt ist den meisten Marktteilnehmern außerhalb ihres direkten Kundenkreises nicht bekannt. Dadurch sind sie dem sogenannten »Lopez-Effekt« ausgesetzt, benannt nach dem einst berühmten Einkaufsleiter von Volkswagen, der für seine gnadenlosen Verhandlungen mit Lieferanten bekannt war. Preis- und Margendruck, ungünstige Zahlungsbedingungen und Austauschbarkeit als Lieferant sind die wirtschaftlichen Folgen. Keine vorteilhafte Position für ein Zulieferunternehmen.
Ingredient Branding bietet eine bewährte Lösung, um dieser ungünstigen Position innerhalb der eigenen Lieferkette zu entkommen. So kann es gelingen, sich dem oft harten Wettbewerb unter den Erstausrüstern zu entziehen und aufgrund der hohen Begehrlichkeit und Nachfrage die eigene Wertschöpfung signifikant zu erhöhen. Denn ein Hersteller von Laptops, der seine Geräte mit dem »Intel Inside«-Aufkleber versieht, erwartet eine höhere Nachfrage und wird es sich zweimal überlegen, auf einen anderen No-Name-Chiphersteller als Erstausrüster umzusteigen.
Allerdings bedingt der Aufbau einer Ingredient Brand auch hohe Investitionen in den Aufbau und den Erhalt einer hohen Markenbekanntheit nicht nur bei den Herstellern, sondern gerade auch bei deren Abnehmern (i. d. R. Endkunden).
Dabei muss häufig ein zeitlicher Vorlauf zwischen dem Aufbau von Bekanntheit für die neue Ingredient Brand und der Wertschöpfung durch langfristige Lieferverträge mit Herstellern der Endprodukte in Kauf genommen werden. Denn der Wert der Ingredient Brand für den Hersteller der Endprodukte steigt erst mit deren Bekanntheit.
Beispiele für erfolgreiche Ingredient Brands.
Teflon von Dupont mag eine der ersten professionell gemanagten Ingredient Brands der Welt gewesen sein. Die Wunderbeschichtung aus Polytetrafluorethylen war ja eher durch Zufall 1938 in den USA entdeckt worden und 1945 unter dem Markennamen Teflon vom Chemiekonzern DuPont als Beschichtung patentiert worden. Seitdem trat Teflon einen beispiellosen Siegeszug als Ingredient Brand und Synonym für Antihaftbeschichtung an. Aufgrund der Umweltschädlichkeit ist Teflon allerdings seit 2020 in der EU verboten.
Weitere bekannte Ingredient Brands habe ich hier unten in einem Chart zusammen gestellt.
Einige berühmte Ingredient Brands (Abbildung: BrandDoctor).
Was ist der Unterschied zwischen einer Ingredient-Brand-Strategie und einer Markenkooperation?
In meinem Beitrag »Eins und eins macht mehr – Wie Marken von Co-Branding profitieren.« hatte ich ja über die Vorteile und Herausforderungen von Markenkooperationen geschrieben. Auch bei der Ingredient-Brand-Strategie tun sich ja zwei Marken zusammen, um gemeinsam erfolgreicher zu sein, als dies jeder Marke ohne die andere möglich wäre. Allerdings gibt es bei der Ingredient-Brand-Strategie eine klare Hierarchie zwischen der Main- und der Ingredient Brand.
Ingredient Branding hebt eine bestimmte Zutat oder Komponente hervor, um ein Endprodukt oder eine Dienstleistung aufzuwerten. Es handelt sich um einen langfristigen Prozess, bei dem die Ingredient Brand zu einem festen Bestandteil des Endproduktes wird und kaum noch von ihm getrennt werden kann. Eine solche Ingredient Brand kann Bewusstsein, Differenzierung und Präferenz für das Endprodukt in der nachgeschalteten Wertschöpfungskette schaffen.
Co-Branding auf der anderen Seite umfasst in der Regel zwei fertige Endprodukte, die auch einzeln erworben werden können und nun gemeinsam in einem neuen Produkt oder Dienstleistung angeboten werden. Der Zweck des Co-Branding besteht darin, aus dem Wert jeder einzelnen Marke Kapital zu schlagen und damit den Erfolg des Gesamtprodukts steigern (zum Beispiel durch die gemeinsame Ansprache neuer Zielgruppen). Der Werbecharakter steht hier aber stärker im Vordergrund als beim Ingredient Branding und das Co-Branding ist eher kurz- bis mittelfristig orientiert. Gute Beispiele für erfolgreiches Co-Branding sind Kooperationen von McDonalds & KitKat, Nike & Apple, GoPro & Red Bull oder Adidas & Five Ten.
Zusammenfassung:
Eine Ingredient Brand ist eine Marke, die eine bestimmte Zutat/Komponente eines komplexeren Endprodukts bezeichnet.
Dieser markierte Bestandteil eines Endproduktes (Ingredient Brand) soll zu einem wichtigen Auslöser für die Kaufentscheidung zugunsten des Endprodukts werden.
Ingredient Branding ist ein langfristig orientiertes vertikales Co-Branding zwischen dem Anbieter einer Komponente, eines Materials oder einer Dienstleistung und dem Anbieter eines Endprodukts, das diese bestimmte Komponente enthält.
Die beiden wohl bekanntesten Anwendungen eines langfristigen Ingredient- Brand-Modells sind den Einbau von INTEL®-Prozessoren in Computer, Laptops oder Mobiltelefone und die Herstellung von wasserdichter Outdoorbekleidung und -schuhen aus Gore-Tex®-Geweben oder Laminaten.
Eine Ingredient-Branding-Strategie kann einem Hersteller von Komponenten (OEM) dabei helfen, seine Verhandlungsposition gegenüber dem Produzenten des Endproduktes deutlich zu stärken und dadurch langfristige Liefervereinbarungen zu deutlich besseren Konditionen schließen zu können.
Der Produzent von Endprodukten oder Dienstleistungen kann die Begehrlichkeit seiner Angebote durch den Einsatz von bekannten und begehrten Ingredient Brands signifikant steigern.
Als BrandDoctor helfe ich Unternehmen und Markenverantwortlichen auch dabei, Erfolg versprechende Ingredient-Branding-Strategien zu entwickeln und umzusetzen. Wenn euch das Thema interessiert, freue ich mich über einen ersten unverbindlichen Gedankenaustausch.